Georg Pangl, ehemaliger Vorstand der österreichischen Bundesliga und Generalsekretär der European Leagues, spricht im exklusiven sportsbusiness.de-Interview über die kolportierten Pläne der UEFA in Sachen Financial Fair Play. Der Burgenländer hat Hoffnung, dass mit neuen Maßnahmen die aufgehende Kluft zwischen Reich und Arm eingebremst werden kann.
sportsbusiness.de Exklusiv – Das Gespräch führte Michael Fiala
Ein Artikel der „Times“ hat am Freitag aufhorchen lassen: Das Financial Fair Play soll in dieser Form abgeschafft werden, stattdessen soll eine Luxussteuer kommen. Ganz generell gefragt: Wie ist diese Idee zu beurteilen?
Georg Pangl: Ich finde diese Idee grundsätzlich gut und kann auch aus eigener Erfahrung berichten, dass ich 2018 als Generalsekretär der European Leagues bei konkreten Besprechungen mit den wichtigsten Stakeholdern zu diesem Thema teilgenommen habe. Es gibt übrigens auch aus dem Jänner 2018 eine Stellungnahme von UEFA-Präsident Aleksander Čeferin in der französischen L’Équipe, wo er diese Art von Luxussteuer bereits angekündigt hat. Die Zeit scheint nun reifer denn je.
Wie beurteilen Sie die Idee inhaltlich?
Damals vor drei Jahren hat man sich in gewisser Weise die amerikanische Major League Baseball als eine Art Vorbild genommen. Konkret geht es dabei um diese 70 Prozent-Gehaltsobergrenze. Dh., man darf nicht mehr als 70 Prozent des Budgets für die Gehälter ausgeben. Ähnlich wie man es im aktuellen Fall von Barcelona und Messi nun gesehen hat, der von LaLiga rigoros umgesetzt wurde.
Was wären angedachte Konsequenzen, wenn man diese 70 Prozent überschreitet?
Da könnte dann ein gewisser Strafenkatalog zu greifen beginnen. Eine Möglichkeit wäre, weniger Gelder aus dem UEFA-Topf auszuzahlen oder Strafzahlungen für jene Beträge, die den Rahmen überschreiten. Das kann aber auch so weit gehen, dass man Spielertransfers limitiert. Zudem könnte man diese eingenommenen Gelder an jene Klubs, die sich an die Regeln halten, dann wieder verteilen. Vor drei Jahren war der Ansatz übrigens auch jener, dass diese Regeln nicht nur für die europäischen Bewerbe gelten, sondern auch für die nationalen Ligen.
Die Luxussteuer soll auf andere Klubs verteilt werden: Klingt das nicht eher danach, dass es sich die Reichen sowieso wieder selbst mit Zahlungen „richten“ können? Hätte diese einen Lenkungseffekt?
Das hängt natürlich einerseits davon ab, wie konsequent man diese Bestimmung formuliert und andererseits dann auch exekutiert. Die große Herausforderung beim FFP war immer, dass man aus zeitlicher Sicht hinterhergelaufen ist. Es hat einfach immer gedauert, bis die Bilanz des vergangenen Jahres verfügbar war, mit all den Verfahrensinstanzen war die Saison dann mehr oder weniger schon fertig gespielt, bevor man die Strafen aussprechen konnte.
Aber würde eine Luxussteuer Klubs wie Paris oder Manchester City beeindrucken?
Nein, das glaube ich nicht. Aber auch hier würde man sich bei der UEFA neue Formen der Sanktionen überlegen müssen. Diese könnten dann zum Beispiel in Richtung Transfersperren gehen. Dann wäre es auch für die reichen Klubs mühsam, wenn sie trotz ihres Geldes keine Spieler holen könnten.
Sind also Transfersperren das einzige vernünftige Mittel?
Es ist sicherlich eine schmerzhafte Sanktion für einen Klub mit viel Geld.
Wie auch zu hören war, schnürt die UEFA gerade ein Rettungspaket in der Höhe von rund 6 Mrd. Euro, um Klubs rund um die Covid19-Pandemie zu helfen. Was ist davon zu halten?
Das ist grundsätzlich sehr positiv zu beurteilen, weil es mit einer Gehaltsobergrenze verbunden und ein Teil als Notfalltopf für die Zukunft bereit gestellt werden soll. Die TV-Einnahmen sinken, die Zuschauereinnahmen auch, insofern gehe ich davon aus, dass viele Klubs diese Unterstützung in Anspruch nehmen werden.
Ein erster Reflex ist, dass mit diesen Geldern vermutlich wieder die großen Klubs bedient werden.
Die UEFA wird bei der Einführung solcher Töpfe darauf achten, dass sie damit jenen Klubs hilft, die in ihren Bewerben vertreten sind. Natürlich ist zu erwarten, dass die Klubs aus Champions- oder Europa-League hier an vorderster Stelle stehen. Es soll aber auch möglich sein, dass Klubs über dieses Hilfspaket günstige Kredite mit sehr niedrigen Zinsen erhalten sollen, um sich für die nächsten fünf bis sieben Jahre zu restrukturieren. Das halte ich für eine sehr sinnvolle Idee.
Kommen wir zurück zu der aktuellen UEFA-Idee, das Financial Fair Play anders zu gestalten. Herbert Hainer von Bayern München sagt: „Das Financial Fairplay war eine gute Idee, aber es wurden zu schnell Ausnahmen gemacht. Hier muss stringenter gearbeitet, nachgebessert werden.“ Ist das aktuelle FFP gescheitert? Wenn ja, warum?
Das FFP ist an sich gut und hat sinnvolle Ansätze. Wie schon erwähnt, ist die zeitliche Komponente dabei die große Herausforderung. Die UEFA hat hier aber in den vergangenen Jahren mit ihren Experten neue, sinnvolle Bewertungen für FFP-Indikatoren geschaffen. Man hat dann auch gesehen, dass es bei den Klubs, die FFP versucht haben zu umgehen, zum Teil zu Konsequenzen geführt hat, die wiederum mit im Überfluss vorhandenen Geldmitteln abgegolten wurden. Das große Problem von FFP war oder ist u.a. auch die Corona-Pandemie, weil deswegen die Regeln stark aufgeweicht wurden. Generell würde ich den Ansatz von FC Bayern-Präsident Hainer aber voll inhaltlich unterstützen.
Abschließend: Wie ernst ist es der UEFA mit all diesen Anliegen. Immerhin hat man in den vergangenen Jahrzehnten dieses System der Mega-Kommerzialisierung und der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen Reich und Arm selbst aufgebaut?
Ich glaube, die Zeit war noch nie so reif wie jetzt für eine Änderung des gesamten Systems. Der Umbruch ist zu spüren und es gibt durchaus ernstzunehmende Strömungen, die hier einen Wandel herbeiführen möchten. Die großen Klubs haben hier zum Teil erhebliche Sympathiepunkte eingebüßt. Es gibt berechtigte Hoffnung, dass Aleksander Čeferin diesen Umbruch zustande bringt und erste Schritte zu einer gewissen Rebalance des europäischen Fußballs in die Wege leiten kann. Ich habe diesbezüglich ein sehr gutes Gefühl, wenn es um eine bessere Zukunft im europäischen Fußball geht.