Luka Sur von Insignia und Aleksandar Bursac, Geschäftsführer FK Austria Wien International Marketing GmbH, brechen erstmals im Interview mit 90minuten.at/sportsbusiness.de ihr Schweigen und sprechen über angeblich ausgebliebene Zahlungen, unterschiedliche Ziele in der Partnerschaft und eine mögliche, gemeinsame Zukunft.
Im März präsentierte die Wiener Austria mit Insignia den lang ersehnten Partner, mit dem die Wiener die finanziellen Probleme hinter sich lassen wollten. Heute, gut sieben Monate später, scheint die Lage prekärer denn je: Lizenzunterlagen wurden nicht pünktlich abgegeben, die Suche nach einem Investor läuft erneut auf Hochtouren. Und was ist eigentlich mit Insignia? Zuletzt häuften sich die Medienberichte, wonach Zahlungen ausgeblieben sein sollen, Austria-Vorstand Gerhard Krisch stellte die Partnerschaft öffentlichkeitswirksam in Interviews in Frage. Sogar von einer letzten Frist war zuletzt zu lesen, die man Insignia nun gebe.
Luka Sur von Insignia und Aleksander Bursac, der Geschäftsführer der neu gegründeten FK Austria Wien International Marketing GmbH, haben sich in den vergangenen Monaten zu all den Gerüchten und Medienberichten kaum bzw. gar nicht zu Wort gemeldet. Bis jetzt: Im Interview mit 90minuten.at/sportsbusiness.de brechen Sie nun erstmals ihr Schweigen, sprechen über die gemeinsam mit der Austria vereinbarten Ziele, warum Medienberichte über fehlende Zahlungen nicht stimmen, was an den Gerüchten über eine geforderte Ablöse von Gerhard Krisch stimmt und wie die Partnerschaft in Zukunft fortgesetzt werden kann. Eines ist nicht zu überhören: Insignia erhöht in diesem Interview den Druck auf die Austria und spielt den Violetten den Ball zu, sich zu der gemeinsamen Partnerschaft zu bekennen.
++ Das Gespräch führte Michael Fiala ++
Hinweis: Das Interview ist auf zwei Teile aufgeteilt. Auf sportsbusiness.de lesen Sie Teil 2 des Interviews.
Teil 1 des Interviews ist auf 90minuten.at zu lesen: >> Zum ersten Teil
sportsbusiness.de: Lassen wir uns zum finanziellen Thema kommen: Bereits im Mai war zu lesen, dass Insignia seiner Zahlungsverpflichtung von drei Millionen Euro nicht nachgekommen sei. Später im Sommer war dann von einer weiteren Rate von vier Millionen Euro zu lesen, die nicht gezahlt worden sein soll. Ist Insignia seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen?
Bursac: Um es klar zu sagen: Es gibt keine Vereinbarung, die vorsieht, dass Insignia diese Beträge hätte zahlen sollen. Die Vereinbarung sieht ganz klar vor, dass wir einen gemeinsamen Prozess haben, der Zahlungen für die sportliche und vermarktungstechnische Entwicklung vorsieht. Darin ist vorgesehen, dass wir bis Dezember einen gewissen Betrag zahlen. Das war alles ganz klar vereinbart, daher können wir diese Medienberichte, wonach wir drei oder vier Millionen Euro hätten zahlen müssen, nicht verstehen. Wir haben unsere Zahlungsvereinbarungen, die im Vertrag festgeschrieben sind, immer pünktlich eingehalten.
Sur: Dass wir sieben Millionen Euro hätten zahlen müssen, war nie unsere Verpflichtung und lag auch nie in unserer Verantwortung. Die sieben Millionen Euro sind – so weit ich das beurteilen kann – die finanzielle Lücke, die die Austria derzeit vorfindet. Wir sind kein Investor, der finanzielle Lücken schließt. Unsere Aufgabe ist es, das Marketing des Klubs auf ein neues Level zu heben und die sportliche Entwicklung voranzutreiben. Das ist alles vertraglich dokumentiert, diese Medienberichte sind einfach nicht richtig. Es gibt keinen einzigen Vertrag, der vorsieht, dass wir sieben Millionen Euro pro Jahr zahlen müssen.
Zusammengefasst gibt es also keine vertragliche Vereinbarung, wonach Insignia der Austria eine jährliche Fixsumme zahlen muss und dafür ein Paket an Vermarktungsrechten abgetreten bekommt?
Sur: Diese Vereinbarung gibt es nicht. Allen anderen Zahlungsverpflichtungen, die vertraglich festgeschrieben sind, sind wir nachgekommen. Ich wiederhole mich: Es gibt keinen Vertrag, der eine Zahlung von sieben Millionen Euro in zwei Tranchen vorsieht.
Bursac: Die FK Austria Wien International Marketing GmbH ist ein Partner der Austria AG und hält keine Anteile. Wenn wir das machen würden, bräuchte es vorher eine Due Dilligence. Die hat es nie gegeben. Wir wissen, dass die Austria in einer finanziell schwierigen Lage ist. Aber wenn Sie mich heute fragen, wie viel Geld die Austria braucht, dann kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht, diese Informationen wurden uns nie weitergegeben. Wir sind ein Partner, kein Inhaber.
Das heißt, es gibt keine fix vereinbarten Zahlungen von Insignia zur Austria?
Bursac: Michael Surguladze, der im Frühjahr lang im Koma gelegen hat und nun auf dem Weg zurück ist, hat der Austria mit einem Betrag geholfen, aber immer unter der Bedingung, dass damit ein gewisser sportlicher Prozess im Verein eingeläutet wird – immer mit dem Blick, dass ein sportlicher Erfolg sich dann auch auf die internationale Vermarktung positiv auswirkt, um FK Austria als internationale Marke zu entwickeln.
Was stört sie an der aktuellen Situation am meisten?
Bursac: Um ehrlich zu sein: Mein Gefühl ist, dass der Austria-Geschäftsführer Gerhard Krisch in den Zeitungen derzeit mehr vorkommt, als der Bundespräsident oder als der Vorstand jedes anderen Klubs in Österreich. Er ist sogar öfters in den Zeitungen als der CEO von Chelsea. Ich habe das Gefühl, dass derzeit die persönliche Public Relation im Vordergrund steht. Ich wiederhole mich: Wir haben des Öfteren vereinbart, dass wir in den Medien nicht über unsere Inhalte sprechen und stets war am nächsten Tag dann darüber zu lesen. Wir haben uns bis jetzt immer daran gehalten und nichts dazu gesagt, aber irgendwann geht es dann nicht mehr, wenn unsere Marke im Mitleidenschaft gezogen wird.
Sie haben Gerhard Krisch erwähnt. Im Kurier war vor nicht all zu langer Zeit zu lesen, dass Sie einen Brief geschrieben hätten, wonach Insignia die Absetzung von Gerhard Krisch gefordert hätte. Was ist da dran?
Bursac: Das ist in der Form, wie es in den Medien gestanden ist, nicht richtig. Wir haben im Vertrag vereinbart, dass die internationale GmbH zwei Vorstände hat. Einer davon bin ich, einer war Markus Kraetschmer, der jetzt nicht mehr an Bord ist. Daher suchen wir jetzt einen zweiten Vorstand. Der Vorschlag der Austria war Gerhard Krisch, doch dafür müssen die Mehrheitseigentümer zustimmen …
… und nachdem Insignia 70 Prozent an der GmbH hält, hat man diesem Vorschlag nicht zugestimmt?
Bursac: Genau, wir haben diesem Vorschlag nicht zugestimmt. Wir warten jetzt auf einen neuen Vorschlag.
Warum haben Sie diesem Vorschlag nicht zugestimmt?
Bursac: Auf Basis des Lebenslaufs von Gerhard Krisch waren wir nicht davon überzeugt, dass er das Know-How in Sachen Marketing oder Fußball mitbringt, um diese Aufgaben zur vollen Zufriedenheit zu erfüllen.
Insignia war auch als Sponsor auf dem Trikot der Austria. War dies ebenfalls Teil der ursprünglichen Vereinbarung?
Sur: Als mein Vater nach seiner schweren Corona-Erkrankung für die Austria noch nicht aktiv auf Sponsoren-Suche gehen konnte, war dieser Schritt von uns ein wenig Kompensation dafür. Die Austria war zufrieden damit und wir konnten uns mit Insignia auf den Trikots der tollen Marke Austria präsentieren. Es war für uns auch ein wichtiges Zeichen, dass diese Partnerschaft weiterhin lebt.
Bursac: Es war für uns auch ein wichtiger Test für unsere Gespräche mit internationalen, potenziellen Partnern, wenn man das Trikot mit dem Insignia-Schriftzug präsentieren kann. Das einzige Ziel dieser Aktion war, um international aufzuzeigen, was die Marke Austria leisten kann.
Wie viel hat Insignia für dieses Sponsoring gezahlt?
Bursac: Für das Sponsoringpaket (zu dem auch das Trikot gehört) hat die GmbH mit Insignia einen Vertrag über rund 1 Million Euro für die ersten 6 Monate (bis Dezember) abgeschlossen.
Was mir aufgefallen ist: Kurios war, dass beim Spiel gegen Hartberg das ursprüngliche Logo von Insignia auf dem Trikot mit Harreither überklebt war, um es dann noch einmal mit Insignia zu überkleben. Warum ist das passiert?
Sur: Ich glaube, diese Frage müssen Sie der Austria stellen und nicht uns, warum man das Logo zwei Mal überklebt hat.
Bursac: Bei allem Respekt: Wir sind professionell aufgestellt und wollen uns zu einzelnen Aktionen wie diesen nicht äußern. Das Ganze ist ein Prozess, ein Marathon von 2, 3 oder vier Jahren.
Blicken wir in die Zukunft: Wie kann es mit Insignia und Austria weitergehen?
Sur: Es braucht volle Transparenz über die gemeinsamen Ziele. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass diese Partnerschaft erfolgreich sein kann und wir glauben auch weiterhin daran. Wir mögen den Klub, speziell auch die Fans. Jeder soll wissen, dass wir diese Zusammenarbeit weiterführen wollen. Die Austria muss uns aber auch ermöglichen, unsere Arbeit zu tun, so wie wir sie vereinbart haben. Und es muss eine partnerschaftliche Arbeit sein und nicht die Austria auf der einen Seite und Insignia auf der anderen. Wenn uns das gelingt, dann kann etwas Großes entstehen.
Bursac: Die öffentliche Wahrnehmung, dass wir keine gute Partnerschaft hätten ist durch all diese einseitigen Medienberichte entstanden. Wir haben dazu immer geschwiegen, auch wenn es von Seiten der Austria nicht immer fair und professionell war. Wir glauben aber weiterhin daran, dass diese Partnerschaft erfolgreich sein kann.
Glauben Sie, dass Sie der Austria in den nächsten Monaten neue Sponsoren bringen können?
Sur: Wenn wir von der Austria das Gefühl bekommen, dass sie diese Partnerschaft fortsetzen wollen, dann ist das möglich. Das kann nicht nur einseitig sein. Uns ist bewusst, dass es in jeder Partnerschaft Hürden gibt, aber diese müssen jetzt überwunden werden.
Bursac: Jede Partnerschaft braucht immer ein bisschen Zeit und wir sind davon überzeugt, dass wir den gemeinsam vereinbarten Weg gehen können.
Sur: Jetzt liegt der Ball aber bei der Austria, sich zu dieser Partnerschaft zu bekennen.
Danke für das Gespräch!