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„Die Tour of Austria gehört zur Sport-DNA“ [Exklusiv]

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Am 2. Juli startet die 72. Österreich-Rundfahrt. Sie heißt nun Tour of Austria und wird von den Teams selbst organisiert. Ein Novum. sportsbusiness.de hat mit Tourdirektor und Tirol KTM Cycling Team-Gründer Thomas Pupp gesprochen und eruiert, wie es dazu kam und was man sich davon erhofft.

++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++

sportsbusiness.de: Welche Bedeutung hat es, dass die Österreichradrundfahrt bzw. die Tour of Austria wieder stattfindet?

Thomas Pupp: Es hat eine große Bedeutung. Die Österreich-Rundfahrt zählt zu den größten und bekanntesten Sportgroßveranstaltungen des Landes, sie gehört zur Sport-DNA. Bis 2020 war es die einzige große Veranstaltung, die in der 2. Republik seit 1949 ohne Unterbrechung stattgefunden hatte. Das war nicht einmal beim Hahnenkamm-Rennen der Fall. Sie gehört also zu unserem Land und somit ist es gut, dass sie wieder stattfindet.

sportsbusiness.de: Die Absagen 2020 (Corona), 2021 (finanziell) und 2022 (Kärnten zog zurück) haben unterschiedliche Gründe. Wieso klappt es nun im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren wieder?

Pupp: Ich kann nur für unser Organisationsteam sprechen: Die Absage 2020 kam vielleicht zu schnell. Man hätte noch zuwarten oder beim Weltradsportverband um einen späteren Termin ansuchen können. So haben es andere auch gemacht und es wäre alles einfacher gewesen, auch 2021 und 2022 wieder zu fahren. So eine Rundfahrt ist durchaus komplex zu organisieren, auch wenn Österreich recht klein ist. Der Föderalismus ist für die Veranstalter wegen mehrerer verschiedener Vorgaben ja auch interessant.

sportsbusiness.de: Die Teams organisieren die Tour selbst, ein Novum. Wie kam es dazu?

Pupp: Wir haben in den letzten Jahren untereinander immer guten Kontakt gehabt. Man muss sich im Rennen auf der Straße die Kante geben, abseits geht es nur gemeinsam. Die Zusammenarbeit wurde durch die Vorkommnisse ab März 2020 weiter gestärkt. Wir wollten es auch nicht auf Dauer hinnehmen, dass die Tour immer und immer wieder abgesagt wird. Nun organisieren das erste Mal die „betroffenen“ Radteams. Wir können für unsere Sponsoren Werbung machen und brauchen diese Rundfahrt, haben eine unglaubliche Energie entwickelt und die Verantwortung aufgeteilt. Wir Teams wollten den Neustart wirklich möglich machen. Vielleicht war diese Euphorie spürbar und hat uns Türen geöffnet. Dann ist die Idee gereift, das anders anzudenken. Wir haben auch mit dem Verband gesprochen, um ihn für andere Dinge freizuspielen. Man reduziert den Verband immer auf die Straßenrennen, aber es gibt viele Disziplinen und da kommt die gesteigerte Bedeutung des Rades dazu, da muss der Verband auch soziopolitisch Stellung nehmen und die Organisation der Rundfahrt bindet eben auch Ressourcen.

Es gibt eben diese Vorgeschichte der letzten drei Jahre, aber es wurde von allen sehr positiv aufgenommen. Ich habe einmal gesagt: Es ist fast wie aus dem Marketing politischer Parteien, eine Graswurzelbewegung.

Thomas Pupp, Tourdirektor und Tirol KTM Cycling Team-Gründer

sportsbusiness.de: Wie haben die zahlreichen Unterstützer der Tour reagiert?

Pupp: Es gibt eben diese Vorgeschichte der letzten drei Jahre, aber es wurde von allen sehr positiv aufgenommen. Ich habe einmal gesagt: Es ist fast wie aus dem Marketing politischer Parteien, eine Graswurzelbewegung. Auch, weil wir Teams diese Rundfahrt brauchen. Genau das ist eben gut angekommen.

sportsbusiness.de: Wie viele Menschen arbeiten generell an der Tour?

Pupp: Im kleinen Kreis würde das nicht funktionieren. Die Teams Felbermayr, Hrinkow und WSA treten in ihren Revieren fest in die Pedale und Thomas Kofler vom Team Vorarlberg und ich haben den Lead übernommen. Diese „Westachse“ war immer schon auch während Corona etwas pushy, also hat man uns auch voran geschickt. Thomas Kofler hat Erfahrung in der Organisation von Veranstaltungen, Jürgen Schatzmann hat ebenfalls jahrelange Expertise. Zum Teil hat man Neuland betreten und dann ist das Team immer größer geworden. Während der Rundfahrt kommen unzählige Helfer dazu. Und dann haben wir auch noch Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathons, dabei. Während der Rundfahrt kommen unzählige Helfer dazu und das Team wird immer größer.

Im Bild v.l. Christoph Resl (AUT, Teammanager WSA KTM Graz pb Leomo), Team Manager Dominik Hrinkow (AUT, Hrinkow Advarics Cycleang Team), Jürgen Schatzmann (Organisation Tour of Austria), Mag. Thomas Pupp (Teammanager Tirol KTM Cycling Team), Wolfgang Konrad (AUT, Tour of Austria), Daniel Repitz (Geschäftsführer RSW Radsport Wels GmbH), Alexander Hrinkow (Hrinkow Advarics), Thomas Kofler (AUT, Manager Team Vorarlberg) (c) EXPA/ Reinhard Eisenbauer

sportsbusiness.de: Wie hoch ist das Budget?

Pupp: Die Inflation hat gewisse Dinge in die Höhe getrieben. Wir haben für die Abwicklung eine GmbH gegründet und arbeiten mit rund 1,5 Mio Euro, die Summe beinhaltet Finanz- und Sachleistungen.

sportsbusiness.de: Verbände stehen in Österreich neuen Ideen nicht immer offen gegenüber. Wie war das beim Radsportverband?

Pupp: Wir haben gute Gespräche geführt, der Prozess war sehr konstruktiv.

sportsbusiness.de: Wie sehr hat der Radsport allgemein aus Ihrer Sicht in den Pandemie-Jahren gelitten?

Pupp: Wenn man Radsport breiter definiert und nicht nur die Spitze des Leistungssports heranzieht, hat das Thema Rad zu den Profiteuren gezählt. Radhandel und -industrie waren sehr erfreut, haben gute Umsätze gemacht und die Kapazitäten in der Produktion gesteigert. Im Radsport gibt es international zudem eine gute Medialisierung via Eurosport, man hat auch endlich den Wert des Frauenradsports erkannt. Für uns als Team war die Pandemie sehr schwierig. Man ist top down vorgegangen. Die Tour de France musste fahren, also war die Existenz der großen Teams gesichert. Was auf der 3./4. Leistungsstufe passierte, war nicht mehr so auf UCI-Agenda. Es sind viele Rennen abgesagt worden und unsere jungen Fahrer sind ein Jahr gestanden, viele im letzten U23-Jahr. Einer hätte das Zeug für eine Profikarriere gehabt, konnte sich aber nicht mehr präsentieren. Es gibt eben Sieger und Verlierer. Das Rad ist aber Nutznießer und Sieger.

Wenn man Radsport breiter definiert und nicht nur die Spitze des Leistungssports heranzieht, hat das Thema Rad zu den Profiteuren gezählt.

Thomas Pupp

sportsbusiness.de: Was sind Ihre Erwartungen? Wie wichtig ist auch die Mediencoverage durch Servus TV?

Pupp: Wir sind demütig und sind uns bewusst, dass die Rundfahrt eine große, geschichtsträchtige Veranstaltung ist. Sie hat in früheren Jahren viele Menschen bewegt. Die Leute fragen auch, warum es Tour of Austria heißt, aber das wollten auch Sponsoren so. Die Österreich-Rundfahrt war ja in den Jahren zuvor schon sehr international unterwegs und man hat einen größeren Scheinwerfer auf sie gerichtet. Die Rundfahrt hat im Ausland immer eine große Akzeptanz gehabt; schönes Land, gute Straßen, sauber, schöne Hotels, kurze Wege. Die DNA bleibt die gleiche. Es ist die schönste Sightseeing-Tour in Österreich und gibt dem Radsport hierzulande eine Bühne. Man muss das ja auch über die Bande denken …

sportsbusiness.de: Inwiefern?

Gerade Rundfahrten sind multithematisch unterwegs. Das sieht man auch beim Tour de France-Start 2022. Dänemark wollte sich als großes Radland präsentieren und das wurde dann auch so kommuniziert, dass eben 60 Prozent mit dem Rad in die Arbeit fahren. Das sehe ich auch für uns in der Zukunft so: Die Rundfahrt als Plattform zu denken. Es bietet die Möglichkeit, mit einer guten Medialisierung auf Themen wie Mobilität in Städten, Gesundheit, Tourismus und so weiter hinzuweisen. Das Rad ist ja ein großer Gamechanger. Es gibt wenige Sportarten, die ein Land so präsentieren können. Ich kenne keine andere Sportart. Beim Fußball siehst du beispielsweise das Happelstadion, aber nicht, wie lässig Wien ist. Das ist eine große Chance für Partnern.

sportsbusiness.de: Inwiefern sehen Sie sich auch als Vorbild für andere „Randsportarten“, um von den Vereinen/Teams heraus Events zu organisieren, wenn es von Verbandsseite nicht geht, aus welchen Gründen auch immer. Was ist deren Aufgabe?

Pupp: Selbstverständlich. Man muss überlegen und diskutieren, was die Aufgaben eines Verbandes sind. Sofern man sich dem Sport und seinen Regeln unterwirft, braucht es Strukturen, die über Verbände und Vereine gebildet werden. Wenn Sportarten gesellschaftlich viel weiter über den Sport an sich hinausragen, wie das beim Rad eben der Fall ist, vertritt ein Verband nicht mehr nur noch den Leitungssport. Dieser Aufgabe müssen sich Verbände stellen. Beim Rad sehe ich eben mehr als nur den Leistungssport. Unser ehemaliger niederländischer Coach wurde einmal gefragt, warum es so viele Radfahrer aus den Niederlanden gibt. Die Antwort war einfach und verblüffend: Weil alle Kinder mit dem Rad in die Schule fahren. Das gibt Eltern ein gutes Gefühl. Das Rad ist Teil der niederländischen DNA, davon sind wir weit entfernt.

sportsbusiness.de: Wie kann man daran in Österreich arbeiten?

Wenn wir im Sport erfolgreicher werden wollen, muss man die entsprechende Infrastruktur aufbauen: Da haben wir einen extremen Aufholbedarf. So gesehen, hätte dann ein Verband mehr Aufgaben als nur den Leistungssport. Aber auch eine engere Vernetzung zwischen den Verbänden wäre notwendig, um sich sportlich weiterzuentwickeln. In den Olympiazentren in Norwegen tauscht man sich sportartenübergreifend aus, redet über Probleme oder es gibt standardisiere Leistungstest für 14-Jährige. So würde man weiter kommen.

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