Der Laufsport, das zeigen unzählige Events, boomt. Doch was hat der Handel davon? Weil viel braucht es nicht, um zu laufen.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sohler ++
Fitness ist in und laufen kann eigentlich jede:r mit zwei mehr oder weniger gesunden Beinen. Gerade die Corona-Pandemie löste einen durchaus nachhaltigen Laufboom aus. Diesen registrieren auch die Retailer. Laut einer repräsentativen IMAS International-Online-Umfrage im Mai und Juni 2023 im Auftrag von Intersport machen 73% regelmäßig Sport; nach Radfahren (60%), Schwimmen (53%) und Wandern bzw. Bergsteigen (35%) rangiert das Laufen mit 34% auf Rang vier. Während die drei auch bei gewissen körperlichen Einschränkungen und ins hohe Alter möglich sind, setzt das Laufen einen gewissen physikalischen Fitnessgrad voraus.
Auf den ersten Blick sind Läufer:innen schwer zu monetarisieren. Sie brauchen lediglich überschaubar teure Grundausrüstung. Einsteigerlaufschuhe namhafter Hersteller gibt es um unter 150 Euro zu erstehen, Hosen, Tights, Shirts sind günstig. Sportsbusiness.at war auf Spurensuche im heimischen Sportartikelhandel, wie Retailer mit den Runner:innen umgehen.
Der Laufsportboom
Wie sehr kommt der Laufsportboom nun in Fachgeschäften an? Decathlon-Country Leader Gábor Pósfai erklärt auf Anfrage: „Wir konnten vor allem während der COVID-Jahre eine starke Zunahme am Interesse wahrnehmen. Jene Menschen, die zu dieser Zeit in den Laufsport eingestiegen sind, waren auf der Suche nach schnell verfügbarer Laufausrüstung zu einem vernünftigen Preis. Damit konnten wir uns profilieren.“ Nach den Lockdowns und den gefallenen Reglementierungen, erkannte das 1976 in Frankreich gegründete Unternehmen hierzulande kein solches Wachstum mehr wie in den Jahren 2020 und 2021, allerdings blieb das Interesse stabil. Den Anstieg registrierte auch Sport 2000. Holger Schwarting, Vorstand der Einkaufsgemeinschaft in Österreich, meint dazu: „Aufgrund der hohen Inflation und der Rezession spüren wir trotz geringem Wachstum die Kaufzurückhaltung in diesem Segment. Dennoch sind wir überzeugt, dass Laufsport weiterhin ein wachsendes Segment ist.“
Wer angefangen hat, läuft weiter. Oliver Seda, Hervis Sport CEO, findet, dass die „anhaltende Begeisterung sich deutlich in der steigenden Nachfrage nach Laufschuhen, -bekleidung und -zubehör widerspiegelt.“ Ein immer größerer Teil der Bevölkerung nehme an verschiedensten Laufveranstaltungen teil, sei es bei Marathons, Halbmarathons, 10-Kilometer- oder Parkläufen: „Diese positive Entwicklung verdeutlicht, dass der Laufsport in Österreich weiterhin an Popularität gewinnt und sich fest in der Sportkultur etabliert hat“, so der CEO der 100%igen Spar-Tochter. Dass Laufen ein Dauerbrenner ist, sieht auch Thorsten Schmitz so. Er ist Geschäftsführer von Intersport, dem österreichischen, großen Ableger der Schweizer Firma. Das Profitieren von der Pandemie registriert auch er, sieht aber noch mehr: „Auch Trends wie Trailrunning oder Urban Running geben immer wieder neue Anreize, so wird es im Laufsport nie langweilig und das Interesse bleibt hoch.“
Der Laufsportboom
Gut ein Drittel der Österreicher:innen läuft also und die, die es tun, machen es anhaltend. So weit, so gut. Wen wollen aber die Händler ansprechen? Sport 2000 erklärt dazu: „Die Zielgruppe im Bereich Running ist breit gefächert und reicht von jung bis alt bzw. von Hobbysportler:in bis Profi. Für uns sind besonders ambitionierte Hobbyläufer:innen eine relevante Zielgruppe, da sie gezielt nach Top-Beratung und Service, suchen, um ihre Laufperformance zu steigern.“ Aber auch Laufeinsteiger:innen suchen Beratung für die Erstausstattung. Mit einer zusätzlichen Analyse des Laufstils und der Füße könne man alle Läufer:innen aller Levels unterstützen, um das richtige Modell und eine optimale Passform zu finden. Dieses Service finden Läufer:innen in spezialisierten Sport 2000-Laufstores. Etwas anders sieht das bei der Konkurrenz aus. „Die Zielgruppen, welche wir bei Decathlon hauptsächlich ansprechen möchten, sind immer die Familien und sportllich-aktive Menschen“, so Pósfai. Auch beim Laufsport richte man sich uns darauf aus: egal ob Hobbyläufer oder bereits erfahren: „Durch unsere Produktrange, können wir jedes Bedürfnis abdecken.“ Die Sportart Laufen zählt bei Decatlon zu den fünf umsatzstärksten Sportarten.
Diese Analyse teilt auch Hervis. Der Laufsport nimmt einen bedeutenden Anteil am Gesamtumsatz ein und man will die Running-Community ständig erweitern, um neue Zielgruppen anzusprechen. „Dazu gehören insbesondere Anfänger:innen, die wir mit qualitativen Produkten und Expertise unterstützen wollen“, sagt Seda, „Ebenso richten wir uns an Fitness-Enthusiast:innen, die den Laufsport als Teil ihres Trainingsplans nutzen. Outdoor-Sportler:innen, die die Natur lieben und mit dem Laufen in der freien Natur verbinden, sind ebenfalls wichtig.“ Nicht zuletzt möchte Hervis auch Familien mit Kindern ansprechen, um den Spaß am Laufen und an der Bewegung bereits in jungen Jahren zu fördern und gemeinsame Aktivitäten zu ermöglichen. „Ein Beispiel dafür ist unser Engagement mit der Bildungsstiftung motion4kids, wo wir erstmals die Integration der digitalen Sportkonsole sportstation2 in den Sportunterricht an Wiener Volksschulen ermöglichen konnten, um die Kinder spielerisch an den Laufsport heranzuführen“, erklärt er die Initiative. Sprich: Eigentlich wollen sie alle Menschen zum Laufen bringen. Oder wie es Interport sagt: „Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen zum Sport und mehr Bewegung zu motivieren. Wir beraten in unseren Shops Menschen jeden Alters und gleich ob Hobbysportler, ambitionierter Läufer oder Leistungssportler.
Aber wo kommt das Geld her?
Zurück zum Anfang, zwei Beine, ein Paar Schuhe, eine Laufhose, ein Leiberl. Das kostet eben keine Unsummen. Wie verdienen die Retailer nun ihr Geld? Hervis setzt auf Service, weswegen es mit Marathonläufer Peter Herzog ein Testimonial gibt, der als Profi und Laufexperte online als Laufberater zur Verfügung steht. „Außerdem bieten wir ein breites Produktsortiment an Laufschuhen, Laufbekleidung und Zubehör für Läufer:innen aller Niveaus an; in unseren Hervis Stores stehen unsere Mitarbeiter:innen für individuelle Beratung und Empfehlungen zur Verfügung. Zudem sind wir langjähriger Sponsor und Partner des Vienna City Marathons sowie generell stark in der Laufszene verankert und veranstalten regelmäßig Laufevents und Workshops, um die Begeisterung für das Laufen zu fördern und unsere Laufcommunity weiter auszubauen“, sagt Seda. Schwarting von Sport 2000 feällt ein auf, den man offenbar monetarisieren kann: „Shop the Look“-Outfits von bekannten Marken, die multifunktional für verschiedene sportliche Aktivitäten eingesetzt werden können, sind im Textilbereich aktuell besonders angesagt. Im Schuhbereich sind Marken sehr relevant in der Kaufentscheidung, gerade für performanceorientierte Läufer:innen.“
Letzteres sieht man auch bei Decathlon. „Das wichtigste Produkt beim Laufen sind die ‚richtigen‘ Schuhe. Das ist immer noch ein Schlüsselfaktor im Geschäftsmodell. Wir sehen, dass die Leute bereit sind, mehr in die Qualität zu investieren, aber für die Einsteiger ist es wichtig, ein Paar Schuhe mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis im Sortiment zu haben.“ Bequeme Textilien, die an das jeweilige Wetter angepasst sind, wären ebenfalls wichtig, damit sich der/die Läufer:in bei der Aktivität wohlfühlt und sich weiterhin motivieren kann. Dann geht der Blick auch schon aufs Jahr 2024: „Vor allem im Frühling setzen wir jedes Jahr verstärkt auf die Kommunikation für die Sportart Laufen. Hier verzeichnen wir auch immer unsere stärkste Saison, in der Laufsportabteilung.“ Intersport wiederum will die Läuferinnen und Läufer dabei unterstützen, sich weiterzuentwickeln und mit ihren Zielen zu wachsen. Das macht man etwa über Beratung und spezielle Serviceleistungen, wie z.B. der Bewegungsanalyse von Arion, die es ganz neu und exklusiv in Österreich bei Intersport ist. Damit finden Anfänger wie auch Profis KI-gestützt den Laufschuh, der perfekt zu ihrer Lauftechnik passt. Darüber hinaus gibt auch noch Events wie den Trailrunning Day, der das Elrbenis hervorstreicht
Das Schlusswort gehört dann allem Gewinnstreben zum Trotz Thorsten Schmitz, der den allergrößten Vorteil auf den Punkt bringt: „Das Schöne am Laufen ist, dass es ein niederschwelliger Sport ist, der von den meisten Menschen ab der Haustür ausgeübt werden kann und der keine hohen Investitionen erfordert.“