Die Medienlandschaft ist einem ständigen Wandel unterzogen, vor allem im für Sport zu wichtigen Bewegtbildbereich. Mehr Player erhöhen die Möglichkeiten für den organisierten Sport, sich für Sponsoren attraktiv zu machen.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sohler ++
Sport ist neben Information und TV-Events einer der stärksten Quotenbringer für das Fernsehen. Im Jahr 2023 waren fünf der zehn meistgesehenen Sendungen im ORF Sportevents. Unter den 2.000 meistgesehenen Sendungen im Jahr 2023 verfielen überhaupt 1.973 auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, neben Nachrichten auf ServusTV sind die Topsendungen abseits des ORF die Formel 1- und Fußballübertragungen des Salzburger Privatsenders.
Doch der Markt fragmentiert sich, national wie international. Und das in mehrere Richtungen. Neben mittlerweile schon klassischem Pay-TV wie etwa Sky gibt es reine Streaming-Angebote wie DAZN, Smart-TVs ermöglichen es auch beispielsweise Websites wie Laola1.at am großen Fernseher Sport zu übertragen. Neue Player, Stichwort kroneTV mit beispielsweise der Handballliga Austria, drängen auf den Markt.
Trendanalyse: Wo stehen wir
Ob analog oder digital, Fernsehen ist unglaublich wichtig für Sponsoringtätigkeiten. Analysiert man die Werbewerte, wie es Focus jährlich macht, so wäre die Sachlage klar. Der österreichische Sportsponsormarkt 2023 war rund 1,44 Mrd. € schwer (berechnet nach den offiziellen Medientarifen), eine Steigerung von 14% gegenüber dem Vorjahr, mit den Wachstumstreibern Ski WM, Bundesliga und Herrennationalmannschaftsspiele. Ski kommt hinsichtlich Bruttowerbewert auf 29,9%, gefolgt von Fußball (24,6) und Motorsport (17,2). Zweistellig ist nur noch der Sprunglauf mit 11,1%. Ein Großteil des Werbewertes der 1,44 Mrd. Euro verfällt mit 936 Millionen auf TV. Die Focus-Experten kommen zum Schluss: TV ist der stärkste Kommunikationsträger im Sponsoring, rund 65% des Werbewertes werden durch Fernsehen generiert. Übrigens ist der Werbemarkt auch nach wie vor klassisch männlich, 82% der Bruttowerbewerte fallen auf Herrensportarten. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Wert verschieben wird. Da trägt etwa auch der ORF dazu bei, der die Frauen-Nationalteamspiele quasi selbstverständlich überträgt. Hier ist ein Markt, der noch viele Möglichkeiten bietet. Diese haben auch die Sender selbst.
Medienhaus statt TV-Sender
„Er gibt täglich mehr Internetuser, der Sportmarkt wächst dadurch“, erklärte etwa Tom Berger, Mitglied der Laola1-Geschäftsleitung beim letzten sportsbusiness.de-Breakfast-Club. Das Stichwort für die Möglichkeiten heißt Free-Ad-Supported-Streaming-Television, also gratis via Web bereitgestellte Inhalte. Finanziert werden diese durch Werbeanzeigen. Bis zum Jahr 2027 werden über 10 Mrd. Euro Umsatz weltweit erwartet, mit fest zweistelligem Wachstum. Das Zauberwort ist der sogenannte Big Screen, den vor allem Anbieter wie Samsung und LG mit Smart-TVs anbieten. Also letztlich ’normales‘ Fernsehen, im Gegensatz zu Streaming auf dem Laptop. Doch das Endgerät ist nicht entscheidend. Martijn van Hout, Managing Director von Canal+ Austria stellte unmissverständlich klar: „Digitalisierung ist ein Fakt.“
Das erfordere ein Umdenken, wie David Morgenbesser, Chief Commercial Officer Red Bull Media House GmbH, einwarf: „Wir sind kein klassischer TV-Sender mehr, sondern ein Medienhaus.“ Der Markt, wie beispielsweise mit ServusTV-ON, wachse sehr schnell, die Nutzung am Big Screen sei um mehr als ein Viertel angestiegen. Eine Unterscheidung zwischen analog und digital sei für Christian Muckenhuber, Geschäftsführer von fan.at/KroneTV, auch nicht mehr zwingend notwendig. Vor allem, weil die Menschen unter 30 nur noch zu rund einem Viertel linear schauen würden. Allerdings gebe es in dem Punkt noch keine Aussagen darüber, inwiefern sich das Medienverhalten über das Lebensalter verändere. Im deutschen Reichweitenranking beispielsweise landete 2023 ein Tatort aus Münster auf dem ersten Platz, noch vor Spielen der Fußballnationalmannschaften. Wie jene, die jetzt noch streamen und unter 30 sind, in zehn Jahren Bewegtbild schauen, ist schlichtweg offen.
Monetarisierungsfrage
Wie schätzen nun quasi altbekannte Player die Lage ein? Martin Szerencsi, Legal Advisor ORF Sport, erklärte: „16 Sportsendungen haben 2023 im Schnitt mehr als eine Million Menschen erreicht.“ Es sei schlicht „wurscht“, wie man Menschen erreiche. Michael Radelsberger, stellvertretender Geschäftsführer von Sky Österreich, meinte, dass man Distributionswege suche, um ein gutes Produkt zustande zu bringen. Generell sei er für seinen Sender „entspannt. Wir haben den Großteil der Europacup-Spiele“, hinzu kommen Bundesliga, Golf und Co. Digital wachse, das könne auch ein Pay-TV-Sender nutzen, um den Content via Web und App an den Mann bzw. die Frau zu bringen.
Die Frage scheint zu sein, welche Sportrechte wohin fließen. Ganz oben stehen die teuersten TV-Rechte, die zumeist von (großen) privaten Anstalten gekauft werden. „Die UEFA hat in der letzten Ausschreibung auch für OTT ausgeschrieben“, so Morgenbesser, „der Haupttreiber ist aber die Werbung. Der TKP ist im Fernsehen höher – wenn sich das ändert, gehen große Rechte auch an OTT-Plattformen.“ Radelsberger führte beispielsweise auch an, dass auch die DFL Rechtepakete nach Plattformen ausschreibe. Am Ende des Tages wollen die Rechtehalte aber Geld sehen – ob die Übertragung linear, via Sat oder IP bei den Kunden ankomme, sei ihnen und den Endkonsumenten egal: „Es ist die Aufgabe der Medienhäuser, das technisch hinzubekommen.“
Sport ist nicht nur Premium
Neben der technologischen Umsetzung muss angemerkt werden, dass der Sportrechtemarkt heiß umkämpft ist. Der heimische Markt ist aber in Sachen Premiumrechte solidarisch. So hat Puls4 beispielsweise Europacup-Rechte an ServusTV weitergegeben. Die Salzburger kooperieren bekanntlich in Sachen Formel 1 mit dem ORF, der wiederum bei der 2. Liga gemeinsame Sache mit Laola1.at macht.
Allerdings gibt es nicht nur die Ski, Europacup oder Formel 1. Auch Sport abseits der glitzernden Champions League- und Co.-Welt will ja zu den Menschen gebracht werden. „Je weiter es runtergeht“, so Muckenhuber, „desto weniger wird man nur mit Werbeeinnahmen leben können.“ Im Fußballunterhaus etwa bieten sich Abo-Modelle, also paid content an, damit auch nicht-professioneller Sport mitverdienen könnte. Die digitale Entwicklung führe aber schon auch dazu, dass der noch niedrigere TKP mehr Wert erhält. In diesem bereich können die Angebote Zielgruppen besser abbilden. Die TKPs, da ist man sich in der Runde eigentlich einig, würden demzufolge ansteigen.
Raum für alles
Konkurrenz belebt das Geschäft, in jedweder Hinsicht. Berger „freute“ sich mehr oder weniger, dass die Rechte an der Handballliga Austria zu krone.tv kamen: „Die Konkurrenz ist erfreulich, auch wenn es für uns schlecht ist. Es gibt eben noch Potenziale, an die die Marktmitbewerber auch glauben.“ In der Gemengelage mit großen Events, die mit dem nötigen Kleingeld quasi Selbstläufer sind – Ski, Fußball, Formel 1 – dürfe man aber eben nicht auf den Rest vergessen, sei es Handball, mögen es kleinere Ligen sein oder Frauensport, bei dem sich der ORF auszuzeichnen weiß. Analog und großes Event, das muss es nicht immer sein, es hänge, so Muckenhuber, letztlich von Kampagne und Zielgruppe ab. Und dann natürlich von der allgemeinen Entwicklung, wie Radelsberger einwirft: „Entsprechend wie sich die Reichweiten entwickeln, wird sich der Werbemarkt verschieben. Es geht um Konvergenz der Revenue-Streams. Eigentlich ist es eine einfache Gleichung.“
Der sich vermehrt öffnende Medienmarkt, durch TV-Sender und weitere OTT-Plattformen, wird vermutlich nicht unbedingt zu weniger Sport- und Präsenzmöglichkeiten führen, so viel scheint sicher. Komplizierter wird es auf jeden Fall. In erster Linie für Endkonsumenten, der unter Umständen mehrere Abos braucht, um einen Bewerb zu verfolgen. Das ist in der DFL schon – wie auch in den USA bei der NFL – Realität und wirkt sich auch auf Sponsorenpakete aus. Neben Verbänden etablieren sich zudem Agenturen als Rechtehalter – das verkompliziert es wiederum für Medienhäuser. Umgekehrt ermöglichen KI-basierte Systeme eine einfachere Produktion. Ein Beispiel aus der Schweiz und Österreich ist SportPass- dort kümmert man sich um less attention-Events. Der Geschäftsführer Rainer Rößlhuber erklärte dazu neulich: „KI-basierte Kamerasysteme funktionieren in vielen, aber nicht allen Sportarten. Dort, wo es geht, arbeiten wir an automatisierten Mehrkameraproduktionen.“
Am Ende wird sich vor allem auch eines verbessern: die Messung. Je genauer diese ist, desto besser wird man Preisschilder für Ligen und Events argumentieren können. Das ist, Stand heute, digital noch leichter. Letztlich brauche es alle Parteien. Bewegtbildproduzenten, die mittels Werbung Öffentlichkeit schaffen, mit denen Events, Verbände, Vereine oder Sportler:innen Sponsorengelder lukrieren können.