Oftmals ist in diesen Tagen von der rettenden Corona-Insolvenz bei der Austria die Rede. Diese ist derzeit jedoch noch kein Thema. Zuvor kämpft der Klub aus Favoriten mit allen Mitteln um die Erteilung der Lizenz.
Ein Kommentar von sportsbusiness.de-Chefredakteur Michael Fiala
Die Austria steht mit dem Rücken zur Wand. Wie es dazu gekommen ist, gilt es in den kommenden Monaten intern wie extern zu klären. Die Frage der Vergangenheitsbewältigung wird sicherlich demnächst ein Thema bei den Violetten werden. Zunächst geht es jetzt aber um eines: Ums nackte Überleben.
Die Austria hat bis 21. April Zeit, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Das Urteil in zweiter Instanz erfolgt eine Woche später. Vom Wiener Verteilerkreis wollte man sich vorerst nicht näher äußern. Man arbeite vehement daran, die Lizenz zu erhalten, hieß es in einem knappen Statement des Klubs. Gibt es auch am 28. April keine Lizenz für die Favoritner, bleibt noch der Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht.
Voller Fokus auf die Lizenz
Offizielle Informationen sind derzeit also Mangelware. Das ist durchaus auch verständlich. Klub-Vorstand Markus Kraetschmer sowie die Vertreter der anderen Austria-Gremien sind jetzt voll gefordert. Der Fokus gilt, in den kommenden Tagen bis zum 21. April die geforderten Unterlagen zu besorgen. Bei diesen Unterlagen geht es dem Vernehmen nach um die Sicherstellung einer relativ großen finanzielle Lücke: Demnach habe der neue Partner Insignia im Rahmen des Vermarktungsvertrages eine garantierte Summe von sieben Millionen Euro zugesichert. Alles, was darüber hinaus durch die Vermarktung eingenommen wird, teilen sich Insignia und der Klub nach einem fix definierten Schlüssel auf.
Oftmals war in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen von Bankgarantien die Rede. Um das Ganze besser zu verstehen, muss man das Wesen der Lizenzierung erklären: Diese hat vor allem den Auftrag sicherzustellen, dass der Lizenz-werbende Klub die kommende Saison ausfinanziert hat. Die Lizenz soll vermeiden, dass es unterjährige Insolvenzverfahren gibt, wie es der österreichische Fußball vor 20, 30 Jahren noch des Öfteren erlebt hat.
Im konkreten Fall der Austria heißt dies: Der Klub muss sicherstellen, dass die geplanten Ausgaben gedeckt sind – in welcher Form auch immer. Und der Senat 5 bzw. jetzt in weiterer Folge das Protestkomitee müssen feststellen, ob die eingereichte Unterlagen diese Budgetdeckung auch hergeben. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die fehlende Summe sicherzustellen: Der einfachste Weg wäre, das Geld zu überweisen und einen Kontoauszug davon vorzulegen. Oder eben eine Bankgarantie zu hinterlegen. Schon komplizierter wird es, wenn es beispielsweise „nur“ eine Absichtserklärung gibt.
Wirtschaftsprüfer am Wort
Im Zuge der Lizenzierung haben nämlich auch die Wirtschaftsprüfer ihren Einsatz. Diese geben mit ihrem Stempel und der Unterschrift ihren Sanctus über die eingereichten Unterlagen. Auch hier zeigt sich aber oftmals eine zentrale Herausforderung: Man kann nicht jedes eingereichtes Dokument mit schwarz oder weiß beurteilen. Soll heißen: Die Wirtschafsprüfer legen sich dann nicht immer überall fest und sagen: „Diese Unterlage ist wasserdicht“. Dies wäre auch unseriös.
Hier kommt auf den Senat 5 dann eine schwierige Aufgabe zu: Es geht um eine Beurteilung, ob das eingereichte Budget von Seiten des Klubs abgesichert ist – oder eben wie im Fall der Austria eben nicht. Denn eines ist auch klar: Selbst die beste Lizenzierung kann eine Insolvenz im schlimmsten Fall nicht verhindern.
Frecher Luka Sur
Dass also Luka Sur jetzt so tut, als ob er mit der Nicht-Lizenz für die Austria so gar nichts zu tun hat, ist schon ein wenig frech und stellt die noch so junge Partnerschaft auf eine harte Probe. Dem Vernehmen nach geht es dabei weniger darum, dass Insignia keinesfalls zahlen möchte, sondern eher, in welcher Form diese Summe dem Klub garantiert – und in weiterer Folge vom Senat 5 der Bundesliga auch als Sicherstellung akzeptiert – wird. Offenbar geben dies die bisher eingereichten Dokumente nicht her.
Lange Rede, kurzer Sinn: Der Austria muss es bis 21. April gelingen, das vorgelegte Budget mit Sicherstellungen in einer Form zu decken, die vom Protestkomitee auch akzeptiert werden.
Rettungsschirm Corona-Insolvenz?
In diesem Zusammenhang war in den vergangenen Tagen auch immer wieder von der landläufig genannten Corona-Insolvenz die Rede. Diese wurde dabei medial als „möglicher Ausweg“ der Austria tituliert.
In der Anlage 1 zu den Lizenzbestimmungen, ist dazu folgendes festgehalten: „Wird über das Vermögen des Lizenznehmers/-bewerbers (bzw. Zulassungsnehmers/-be- werbers) oder seines ausgegliederten (Profi-) Spielbetriebs (vgl. Abschnitt 4.4.2) – nachfolgend «Klub» – vor oder während des Lizenz-/Zulassungsverfahrens für die Saison 2021/22 oder nach Lizenz-/Zulassungserteilung ein Sanierungsverfahren eröffnet, kann die Lizenz bzw. Zulassung bei Erfüllung aller Voraussetzungen (für die Saison 2021/22 unter Berücksichtigung der durch Covid-19 bedingten Änderungen) erteilt werden, sofern die Eröffnung des Sanierungsverfahrens Covid-19 bedingt ist, d.h. die wirtschaftlich negativen Folgen ursächlich auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückzuführen sind.“
Wie Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer anmerkte, könne der Club ein Sanierungsverfahren anstreben. „Wenn der Insolvenzverwalter und in weiterer Folge das Protestkomitee ja sagen, dann kann man die Lizenz erhalten“, sagte Ebenbauer. Laut Lizenzbestimmungen müsste eine solche Insolvenz aber bis 21. April gemeldet werden, um Rechtssicherheit zu haben. Es ist eine Sonderregel in der Coronavirus-Pandemie.
Corona-Insolvenz ist noch keine Option
Dass die Austria jedoch bis 21. April eine Insolvenz mit angehängtem Sanierungsverfahren einleitet, das bis 3. März 2022 abgeschlossen sein soll, kann jedoch ausgeschlossen werden. Eine Insolvenz mit einem derartigen Verfahren ist viel zu komplex, um es innerhalb von wenigen Tagen aufzusetzen. Zudem: Man kann als Verein nicht parallel an der finalen Erstellung des Budgets arbeiten und gleichzeitig an einem Konzept eines Insolvenzverfahrens.
Denkbar ist aber, dass die Austria eine Insolvenz in Betracht zieht, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt. Eines scheint klar: Wenn es keine Lizenz gibt, wird es auch die Austria in dieser Form nicht mehr geben und eine Insolvenz scheint unausweichlich – im schlimmsten Fall droht ein Konkurs. Aber selbst wenn die Lizenz erteilt wird, könnte die Austria eine geordnete Insolvenz anstreben.
Die dabei festgelegten Strafen scheinen überschaubar: Statt eines Zwangsabstiegs dürfte die Austria in der Bundesliga bleiben, würde aber u. a. mit einem Sechspunkteabzug starten, dürfte zwei Saisonen lang kein Geld für Zugänge ausgegeben und auch nicht im Europacup spielen. Ablösefreie Spieler könnten geholt werden. Bei einer Insolvenz hätten jedoch die derzeitigen Spieler der Austria ein Kündigungsrecht und könnten ihrerseits damit ablösefrei gehen.
Wäre das so schlimm? Bereits jetzt verlassen wichtige Kicker die Veilchen, Geld für neue Spieler wäre sowieso nicht vorhanden und der Abzug von sechs Punkten scheint im Rahmen der Punktehalbierung auch nicht die allergrößte Hürde zu sein.
Doch das ist alles Zukunftsmusik und eine Insolvenz ist auch kein Instrument, das man mit einem Knopfdruck einfach einleitet. Hierzu braucht es vor allem das Commitment der Gläubiger der Austria.
Fazit: Zuerst Lizenz, dann möglicherweise die Insolvenz
Die Austria ist gut beraten, alle Ressourcen in den kommenden sechs Tagen auf den letzten Strohhalm zu setzen. Und dieser Strohhalm heißt: „Lizenz in 2. Instanz“. Denn eines ist auch klar: Die Bundesliga und ihre Klubs brauchen eine Austria.
So oder so ist der Aufsichtsrat unter der Führung von Frank Hensel dann aber in weiterer Folge gefordert, auch die Verantwortung für dieses Desaster zu übernehmen. Dabei darf es keine Tabus geben. Schon gar nicht, wenn es um die Wahrnehmung der eigenen Verantwortung geht. Diese Übung wird womöglich noch viel schwieriger als die notwendigen Unterlagen für die Lizenz in 2. Instanz zu bekommen.