sportsbusiness.de

Christoph Peschek: „Wir werden einer Abschaffung von 50+1 nicht zustimmen“ [Exklusiv]

(c) Gepa Pictures

Diesen Artikel teilen

Rapids Geschäftsführer Christoph Peschek spricht im sportsbusiness.de-Interview über die 50+1 Regelung, warum Rapid hier sicher nicht für eine Aufweichung stimmen wird und welche Änderungen denkbar sind.

++ sportsbusiness.de Exklusiv von Michael Fiala ++

Denken Sie, dass eine Änderung der 50+1 Regelung für die österreichische Bundesliga notwendig ist?

Christoph Peschek: Gerade die aktuelle Debatte um die Super League, eigentlich müsste man sie Money League nennen, zeigt, wohin sich der Fußball entwickelt, wenn finanzielle Motive bzw. Profite im Mittelpunkt stehen. Nicht ohne Grund handelt es sich hierbei um großteils Investoren-geführte oder hochverschuldete Klubs. Daher bin ich der Meinung, dass 50+1 jedenfalls zu schützen und zeitgemäß ist. Wenn der Verein mit seinen Mitgliedern der Eigentümer der Klub-Kapitalgesellschaften ist, sollte eine nachhaltige Entwicklung der Klubs im Mittelpunkt stehen. Allfällige Gewinne werden zumeist in die Infrastruktur bzw. die Rückzahlung von Krediten für derartige Investitionen, die Weiterentwicklung des Klubs und in eine wettbewerbsfähige Mannschaft investiert, da man keine Dividende auszahlen muss und nicht das Streben nach Rendite für die Eigentümer das Ziel ist. Denn Investoren investieren Geld, damit sie letztlich mehr Geld bekommen. Daher sind es ja auch Investoren und nicht Spender. Die Gefahr des Verlustes der Identität, der eigenen Gründungsidee und Werte ist enorm groß, wie ebenfalls aktuell einige Beispiele zeigen. Ich bin der Meinung, dass Fußballvereine in jedem Fall ihre Entscheidungsgewalt behalten sollten und selbstbestimmt bleiben müssen.

Wie würden Sie eine Änderung der 50+1 Regelung zugunsten von Investoren beurteilen?

Sollte es zu einer Änderung der 50+1 Regelung zugunsten von Kapitalanlegern bzw. Investoren kommen, sehe ich das äußerst kritisch, denn es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis. Zudem ist die Gefahr eines Verkaufs der Anteile oder Zahlungsunfähigkeit immer gegeben samt aller damit verbundenen Folgeprobleme. Fußball ist Sport, Ort des sozialen Miteinanders und Kulturgut zugleich. Als solches wollen wir ihn weiterhin hochhalten. Fußball darf kein reines Kommerzprodukt werden, das lediglich als Spielball großer Investoren fungiert und dadurch seine Bedeutung als Volkssport verliert. Zudem bin ich der Meinung, dass eine Abschaffung der 50+1 Regelung mit einem weiteren massiven Auseinanderklaffen der Schere innerhalb der Bundesliga einhergeht, denn wenn Anteile verkauft werden, wird man zunächst Unternehmensbewertungen durchführen und werden die Anteile unterschiedliche Werte pro Klub haben. Bessere Unternehmensbewertungen würden dazu führen, dass die Chancengleichheit deutlich mehr verloren geht und die finanziellen Unterschiede noch wesentlich größer als bisher werden. Somit wäre die Aussage, dass Investoren die Konkurrenzfähigkeit erhöhen, definitiv falsch. Wir werden jedenfalls einer Aufweichung oder gar Abschaffung von 50+1 nicht zustimmen.

Eine Änderung wäre aus Sicht des SK Rapid dann wünschenswert und sinnvoll, wenn sie noch klarere Regelungen schafft und etwaige Möglichkeiten für Umgehungen wirklich ausschließt. Wir spielen Fußball für unsere Fans und nicht für die Rendite von Investoren.

Christoph Peschek

Wenn ja, wie könnte eine Änderung aus der Sicht Ihres Vereins aussehen?
Eine Änderung wäre aus Sicht des SK Rapid dann wünschenswert und sinnvoll, wenn sie noch klarere Regelungen schafft und etwaige Möglichkeiten für Umgehungen wirklich ausschließt. Wir spielen Fußball für unsere Fans und nicht für die Rendite von Investoren.

Denken Sie, dass die aktuelle 50+1 Regelung, umgelegt auf die aktuellen Verhältnisse in der österreichischen Bundesliga mit Mäzenaten und anderen Konstrukten wie „Freunde von …“, nicht sowieso schon obsolet geworden ist?
Ich bin der Meinung, dass nicht nur die Stimmenmehrheit des Vereins in der Profi-Kapitalgesellschaft gegeben sein muss, sondern dieser auch tatsächlich Mehrheitseigentümer sein muss. Um Umgehungen zu verhindern und somit das Einhalten fairer Spielregeln sicherzustellen, muss dies im Zuge der Lizenz jährlich streng kontrolliert werden. Wenn eine entsprechende Anzahl an freien Mitgliedern demokratisch einen Sponsorenvertreter beispielsweise zum Vereinspräsidenten wählt, ist dies eine Entscheidung des Vereins und die Mitglieder können nach einem entsprechenden Zeitraum wieder entscheiden. Wenn allerdings einmal ein Investor Eigentümer ist, wird der im Regelfall über sein Eigentum und seine Anteile selbst verfügen. Ich denke zudem, dass die aktuelle Diskussion im Mutterland des Fußballs, wo selbst der Premierminister ein Hin zum 50+1 fordert, ein Indiz ist, dass sich hier ein Trend entwickeln könnte und wir zeigen sollten, dass unsere Fußballkultur identitätsstiftend ist, 50+1 Fußball als sportlichen Wettbewerb bewahrt und nicht zu einem Kunst- oder Kommerzprodukt macht.

Unabhängig von 50+1: Braucht es Beteiligungsmodelle im österreichischen Fußball, um im Bereich der Finanzen eine Weiterentwicklung zu ermöglichen?
Jeder Klub wird für sich ein sportliches und wirtschaftliches Konzept haben bzw. finden. Meiner Meinung nach sind beispielsweise die Ausbildung von Spielern und eine klare „Marken“-Positionierung in der österreichischen Bundesliga essenziell. Speziell die Corona-Pandemie zeigt uns, dass emotionale Verbundenheit der Fans, die Liebe zum Klub und der Zusammenhalt als Gemeinschaft von zentraler Bedeutung sind, um herausfordernde Zeiten zu bewältigen, dafür danke ich der gesamten Rapid-Gemeinschaft! Wirtschaftliche Vernunft, die Sicherstellung des erfolgreichen und nachhaltigen Fortbestands der Klubs sollten im Zentrum stehen, nicht das kurzfristige Locken mit schnellem Geld. Minderheitsbeteiligungen von langjährigen Partnern per se muss jeder Klub für sich entscheiden. Investoren als Eigentümer halte ich definitiv für den falschen Weg.

Weiterentwicklungspotenziale sehe ich viel eher im Ausbau der Fan-Basis, der Positionierung, in der Verbesserungen der Infrastruktur und in der Ausbildung junger Talente, die auf dem Transfermarkt Interesse wecken sowie in nachhaltigen Sponsoringpartnerschaften, die für beide Seiten Mehrwert bieten.

Christoph Peschek

Warum?

Klar ist, dass Investoren stets ein Interesse verfolgen und das liegt in der Regel darin, Gewinne zu erzielen. Fußballvereine sollten sich jedoch nicht zur Rendite verpflichten und schon gar nicht ihre Entscheidungsgewalt verkaufen. Wir spielen Fußball nicht zur Gewinnmaximierung, sondern für unsere Fans – mögliche Gewinne sollen daher zur Weiterentwicklung des Klubs verwendet und nicht zur Ausschüttung von Dividenden dem Klub entzogen werden. Weiterentwicklungspotenziale sehe ich viel eher im Ausbau der Fan-Basis, der Positionierung, in der Verbesserungen der Infrastruktur und in der Ausbildung junger Talente, die auf dem Transfermarkt Interesse wecken sowie in nachhaltigen Sponsoringpartnerschaften, die für beide Seiten Mehrwert bieten. Hier liegt auch der Unterschied zu Investoren, denn beim Sponsoring geht es beispielsweise um Bekanntheitssteigerung, Imagetransfer und die Aktivierung von Zielgruppen sowie um die Kundenbindung bzw. Kundengewinnung, wobei für beide Seiten Mehrwert entsteht. Leistung und Gegenleistung sind klar definiert. Klassisches Sponsoring ist natürlich für jeden Klub sehr wichtig und wir sind beim SK Rapid unseren Partnern und Sponsoren für Ihre Unterstützung und Treue sehr dankbar.

Neueste Beiträge

Kooperation: kicker und Opta setzen erfolgreiche Partnerschaft fort – redaktionelles Zusammenspiel zur EM [Partner-News]

SK Rapid stellt neuen Crowdinvesting-Rekord im österreichischen Fußball auf

„Wackel Lothar“ nickt ab: So humorvoll sagt Interwetten die deutsche EM-Aufstellung voraus [Partner-News]

Handball, Basketball, Drohnenflüge und mehr: StadiumADS präsentiert bisher größtes Update [Partner-News]

Sport1 sicherte sich Highlight-Rechte für die UEFA Euro 2024

Podcast​