Was passiert, wenn Fußball-Traditionsvereine und kreative Werbeagenturen aufeinandertreffen, um ein Rebranding zu gestalten? Das erfuhren die Gäste eines spannenden Talks in der Linzer Tabakfabrik.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Bernhard Desch ++
LASK und Sturm Graz: Diese beiden Klubs haben nicht nur eine jeweils lange Tradition und die schwarz-weißen Vereinsfarben gemeinsam. Beide haben fast zeitgleich ein Rebranding gestartet und in beiden Fällen waren Agenturen aus Linz federführend.
Diese beiden Projekte standen am 4. Dezember 2023 im Zentrum eines Talks in der Linzer Tabakfabrik. Unter dem Titel „Branding trifft Tradition, Kult und Fußball“ hat die Creative Region Linz & Upper Austria gemeinsam mit dem Netzwerk Werbung der WKO zu einem Frühstücksevent geladen. Eine bunte Mischung aus Kreativen, Marketing- und Fußballinteressierten hat sich an diesem Vormittag eingefunden, um zu erfahren, wie das Rebranding eines Traditionsvereins abläuft.
Die Moderation übernahm mit Georg Tremetzberger der Geschäftsführer der Creative Region. Als Talkgäste saßen ihm Marco Steiner (Fredmansky) und Florian Knogler (Nest, Zunder) gegenüber. Marco Steiner gewährte Einblicke in das Rebranding-Projekt bei Sturm Graz. Florian Knogler wiederum stand für das LASK-Projekt – sportsbusiness.de berichtete damals vom Website-Launch, der gemeinsam mit der Linzer Digitalagentur Ahoi Kapptn! umgesetzt wurde. Durch Thomas Kern vom LASK-Marketing bekam das Publikum zudem eine Perspektive aus Auftraggebersicht.
Ist es überhaupt ein Rebranding?
Die Geschichten der beiden Rebrandings ähneln sich stark. In beiden Fällen brachte der jeweilige Klub einen gewissen, unantastbaren Stamm rund um Image und Vereinsfarben mit. Von einem kompletten Rebranding konnte man dadurch nur bedingt sprechen. Vielmehr bleibt es dabei, dass eine bereits intakte Marke in einem neuen Licht erstrahlen und über längere Zeit begleitet werden soll.
In beiden Fällen war schnell klar, dass diese Art von Projekt nur mit dem nötigen Respekt, äußerst behutsam und mit einem tiefgreifenden Verständnis für den Klub sowie dessen Geschichte funktionieren kann. Der Fußball ist eine sehr emotionale Angelegenheit und mit den traditionsbewussten Fans hat jedes derartige Vorhaben enorm emotionale und kritische Beobachter.
Abschließend zeigte sich auch ein weiterer, wichtiger Punkt: In beiden Fällen betrachten die Vereine und die Agentur die Zusammenarbeit auf lange Sicht. Mit einem neuen Logo oder dem Launch einer neuen Webseite war das Projekt nicht abschlossen – ganz im Gegenteil. Das war vielmehr nur der Startschuss für eine langfristige Zusammenarbeit auf Augenhöhe und mit großen Zielen.
Die besten Zitate des Talks
Thomas Kern, der bereits bei Red Bull Salzburg im Marketing tätig war und nun beim LASK der Hauptansprechpartner für das Rebranding ist, über…
… die Zusammenarbeit: „Agenturen werden häufig nur als Servicepartner oder Lieferanten gesehen – das ist nicht okay. Ich finde, dass Kreativität und Marketing im Fußball mindestens genauso wichtig sind wie der Sport. Und deshalb sind wir auf einem guten Weg, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Am meisten freut mich, dass der Auftritt, den wir gerade haben und so wie wir draußen erscheinen, bereits messbare Ergebnisse gebracht hat.“
… die Rolle der Tradition im Fußball: „Der Fußball hat natürlich einen ganz traditionellen Anker. Wir müssen dennoch innovativ sein. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir auch eine Freizeiteinrichtung sind.“
Florian Knogler, der Geschäftsführer der beiden Agenturen Zunder und Nest über…
… den Start des Projekts mit dem LASK: „Das Briefing war: Wir müssen das Stadion füllen.“
… die erste Herangehensweise: „Für uns führte der erste Weg ins (damals noch im Bau befindliche) Stadion. Wir haben uns die Baustelle angeschaut. Es war für das ganze Büro einfach wichtig, zu spüren, was dort passiert und wo die Reise hingeht. Wir sind dann tief in die Vergangenheit eingetaucht. Wie hat der LASK früher kommuniziert? Wie hat er sich entwickelt? Was kann man machen? Was darf man machen?“
… die Kritik mancher Fans am neuen Design: „Wir sind ganz normal damit umgegangen. Wir haben ja nichts neu erfunden. Wer den Verein kennt, weiß, dass es das alles schon gegeben hat. Dennoch ist Veränderung für sehr viele Menschen sehr schwierig. Es war zwar schnell Gegenwind da, er war aber auch genauso schnell wieder weg.“
Marco Steiner, der in der Agentur Fredmansky für das Projekt mit Sturm Graz zuständig ist, über…
… seine Definition des Projekts: „Bei Sturm war uns auch schnell klar, dass der Begriff „Rebranding“ in Wahrheit irreführend war. Es ist nicht darum gegangen, die Marke zu verändern. Es ist darum gegangen, neue Serviceleistungen zu etablieren und die Nutzererfahrung zu verbessern. Es ging auch darum, aufzuräumen und zu sortieren, was ohnehin schon da und gut war.“
… die eigene Rolle als Designer: „Es war von Anfang an klar, dass wir dem Designerbedürfnis widerstehen müssen, uns ein Denkmal setzen zu wollen. Wir mussten nichts neu erfinden, da schon alles da war. Fest stand: Die Marke ist intakt.“
… die Balance zwischen ständiger Veränderung und nachhaltigem Aufbau: „In einem Verein hast du eine enorme Geschwindigkeit. Sie haben permanent das Bedürfnis, dass etwas Neues kommt. Das nächste Instagram-Posting muss fetziger aussehen als das davor. Das ist allerdings kontraproduktiv, wenn man versucht, eine Systematik einzuführen, damit sich Dinge wiederholen und damit ein Wiedererkennungswert entstehen kann.“
… die Zukunft des Projekts mit Sturm Graz: „Die Zusammenarbeit wird vor allem rund um die Webseite noch weiter gehen. Hier wird es ein digitales Fanprofil geben. Das mit sehr individualisierten Informationen arbeitet. Da geht es noch sehr in die Tiefe. Wir wollen die Fans sehr nahe an den Verein holen. Dabei sind bereits erste Ergebnisse zu sehen. Zu Beginn hatte Sturm Graz rund 3.500 Mitglieder. Als erstes Ziel wurden 5.000 Mitglieder angedacht. Mittlerweile steht der Verein bei 12.000 Mitgliedern.“