Rechtsanwältin Christina Toth spricht im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.de über den Denkmalschutz für das Ernst Happel Stadion. Ist der Denkmalschutz eine unüberwindbare Hürde oder doch eine Ausrede?
++ sportsbusiness.de exklusiv von Michael Fiala ++
Ein Neubau des Ernst Happel Stadions komme für Wiens Sportstadtrat Peter Hacker aktuell nicht in Frage. Als Grund nannte der Politiker zuletzt bei einer Pressekonferenz am 22. September auch den Denkmalschutz. Einen solchen aufzuheben wäre Sache des Bundes. „Das ist eine Entscheidung, die nicht in unserer Hand liegt“, so Hacker.
Schon vor wenigen Tagen äußerte sich dazu Harald Fux, Architekt des neuen Linzer Stadions, dazu >> gegenüber sportsbusiness.de und meinte: „Fakt ist, dass es keinen Bescheid zum Ernst-Happel-Stadion gibt, der es unter Schutz stellt, sondern per Verordnung nur eine generelle Unterschutzstellung.“
Doch was bedeuten diese Begriffe konkret und im juristischen Sinn? Rechtsanwältin Christian Toth klärt im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.de auf.
sportsbusiness.de: Zuletzt sind die Diskussionen über einen Neubau eines Nationalstadions am Gelände des aktuellen Ernst-Happel-Stadions wieder aufgeflammt. Immer wieder ist in Statements und Medienberichten von einem Denkmalschutz zu hören, der so etwas verhindert. Wie sieht der Status genau aus?
Christina Toth: Das Ernst-Happel-Stadion wurde mit Verordnung des Bundesdenkmalamts im Jahr 2011 vorläufig unter Denkmalschutz gestellt. Bis dahin lag lediglich eine gesetzliche Vermutung des Denkmalschutzes für das Stadion vor.
Durch die vorläufige Unterschutzstellung des Stadions per Verordnung hat das Bundesdenkmalamt klargestellt, dass es aus seiner Sicht im öffentlichen Interesse liegt, diese Baulichkeit vor Zerstörung oder Änderungen zu schützen. Durch diese Maßnahme wurde das Bestehen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung aber lediglich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (sprich >50%) festgestellt. Das ist also keine endgültige, unwiderrufliche Entscheidung. Nach dem Bundesdenkmalgesetz könnte die Stadt Wien bzw. Bürgermeister Ludwig beim Bundesdenkmalamt jederzeit den Antrag stellen, dass das angenommene öffentliche Interesse an der Erhaltung vom Bundesdenkmalamt noch einmal überprüft wird. Dann müsste es binnen zwei Jahren einen Bescheid darüber erlassen.
sportsbusiness.de: Aktuell gibt es diese Verordnung, die das Ernst-Happel-Stadion unter Schutz stellt. Was bedeutet das konkret?
Toth: Aktuell bzw. auch dann, wenn beispielsweise ein Verfahren zur Überprüfung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Stadions den Denkmalschutz bestätigen würde, dürfen bauliche Maßnahmen am Stadion nur mit Bewilligung des Bundesdenkmalamts durchgeführt werden.
Also auch dann sind bauliche Veränderungen bzw. sogar die gänzliche Zerstörung des Stadions nicht völlig undenkbar. Es müsste aber der Antragsteller, also wohl die Stadt Wien als Eigentümerin, in einem solchen Bewilligungsverfahren klar darlegen, welche Gründe für die Zerstörung oder Veränderung vorliegen. Diese Gründe müsste das Bundesdenkmalamt dann im Zuge des Bewilligungsverfahrens berücksichtigen und eine Interessenabwägung vornehmen. Wirtschaftliche Erwägungen sind dabei besonders zu beachten. Sprich: Wenn durch die Veränderungen an der Baulichkeit das Objekt gesichert erhalten wird, so ist dies vom Bundesdenkmalamt besonders zur berücksichtigen.
sportsbusiness.de: Kann man daher einschätzen, ob es künftig zu einem wirksamen Denkmalschutz (von Bereichen) des Ernst-Happel-Stadions kommen wird?
Toth: Grundsätzlich kann man sagen: was den Denkmalschutz des Ernst-Happel-Stadions betrifft, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Selbst wenn der Denkmalschutz aber auch durch Bescheid bestätigt wird, sind mit Bewilligung des Denkmalschutzamtes bauliche Veränderungen möglich. Ob sich dann ein gänzlicher Abriss und Neubau ausgehen, ist fraglich.
sportsbusiness.de: Wie würde eine weitere Vorgehensweise aussehen, wenn jetzt jemand (Bund, Land oder Privat) ein neues Stadion auf diesem Gelände bauen wollen würde?
Toth: Als ersten Schritt müsste die Stadt Wien einen Antrag auf Aufhebung des festgestellten öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Stadions stellen. Medialen Aussagen des derzeitigen Sportlandesrats ist zu entnehmen, dass ein solcher Antrag nicht sehr aussichtsreich wäre (Hacker im Kurier: „Denkmalschutz kriegen wir da nicht weg“). Ich kenne die genauen Details nicht, daher kann ich das an dieser Stelle nicht weiter beurteilen.
sportsbusiness.de: Wird der Denkmalschutz also auch ein bisschen wie ein Feigenblatt vor sich hergetragen?
Toth: Die Frage ist schon, ob man sich als Stadt hier nicht auch ein wenig auf den Denkmalschutz ausredet. Die zuletzt in Auftrag gegebene Bestandsanalyse, die dem Stadion noch eine „Nutzbarkeit“ von bis zu 50 Jahren zuspricht, veranlasst ja nicht gerade, die bisher sehr eindeutig geäußerte Absage an einen Stadionneubau zu überdenken. Denkmalschutz hin oder her.