Sportfive hat die Handball-WM vermarktet und mischt auch im Fußball viel mit. Die Agentur ist Gesamtvermarkter und weiß, worauf es ankommt. Darüber spricht Geschäftsführer Henrik Schiphorst, Geschäftsführer bei Sportfive Germany, im Exklusivinterview.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++
sportsbusiness.de: Wie geht es Sportfive Anfang des Jahres 2023?
Hendrik Schiphorst: Wir stehen im Rahmen dessen, was wir hinter uns haben – Pandemie, der Angriff auf die Ukraine, Lieferkettenprobleme, Energiekrise, Inflation, Rezession – gut da, mussten auch keine Stellen abbauen. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass wir ein großes Portfolio an Rechten haben und nicht nur von einer Sportart, einem Verein oder Vertragspartner abhängig sind. Darüber hinaus haben wir in den Vorjahren sehr solide gearbeitet und sind optimistisch – Sport ist dank seiner Relevanz wichtig für die Gesellschaft.
sportsbusiness.de: Gerade in Krisenzeiten ist beispielsweise ein Fußballspiel auch ein zweimal 45-minütiger „Urlaub“.
Schiphorst: Ich denke, dass es für viele Menschen in vielen Ländern wichtig war, dass es diese Normalität gegeben hat.
sportsbusiness.de: Die Handball-Weltmeisterschaft, von Sportfive vermarktet, ist jüngst zu Ende gegangen. Wie vermarktet man abseits der großen Events eine populäre Sportart?
Schiphorst: Man hat anhand der Einschaltquoten schon gesehen, dass die Weltmeisterschaft sehr wichtig ist. Klar, es ist mit der Fußball-WM nicht vergleichbar, aber Handball wird als bodenständig und volksnah wahrgenommen – das sind keine Attribute, die auf die WM in Qatar zutrafen. Hinsichtlich der Vermarktung hilft es uns, dass wir bis 2031 Gesamtvermarkter der IHF sind, den DHB seit Jahren vermarkten sowie auch die Klubs THW Kiel und Füchse Berlin. Wir haben eine eigene Unit, die auch das notwendige Know-How hat. Der Switch von Fußball- zu Handballvermarktung ist nicht riesig, aber es gibt eben eigene Regeln. Das muss man verstehen, wenn man mit Kunden spricht. Unsere Kolleg:innen haben eine große Produktexpertise und können dies den Werbetreibenden gut näherbringen – und da gibt es einen großen Stamm.
sportsbusiness.de. Gesamtvermarkter – wie funktioniert das?
Schiphorst: Wir verkaufen zum einen die Medienrechte an Plattformen und Fernsehsender. Zum anderen verkaufen wir Reichweite mit Werbeflächen auf Trikots, Bodenklebern oder den LED-Werbebanden. Diese werden dann entsprechend verbreitet.
sportsbusiness.de: Wie sieht die Expertise genau aus?
Schiphorst: Wir haben in Deutschland 150 Vertriebskolleg:innen, die vor Ort bei unseren Partnervereinen und -verbänden sitzen, etwa beim Deutschen Handballbund oder aber auch bei Borussia Dortmund. Diese Teams kümmern sich um die Rechte der Kunden. In einem Umfang von etwa 10 Prozent bearbeiten sie auch Themen abseits ihrer Kernaufgaben. Hinzu kommen unsere Vertriebskolleg:innen in der Hamburger Zentrale. Bei der Handball-WM sind insofern nicht nur die Handball-Kolleg:innen tätig, sondern alle Vertriebsmitarbeitenden. Wir führen national und international Produktschulungen durch, bei denen wir das jeweilige Produkt auch erklären.
sportsbusiness.de: Und ist es abseits der großen Megaevents auch gewissermaßen leichter, regional agierende Sponsoren ins Boot zu holen?
Schiphorst: Der Fokus in der Handball-Vermarktung liegt ganz klar auf Europa. In Skandinavien, Mittel- und Osteuropa ist Handball sehr populär. Da gibt es Marken, die hier präsent sein wollen. Lidl ist schon lange Partner des DHB, für sie ist es relevant, dass sie auch in den anderen europäischen Märkten sichtbar sind. Der Workwear-Hersteller Blakläder möchte das beispielsweise auch. Liqui Moly oder Trivago, die wir als neuen Partner gewonnen haben, die haben eher den deutschen bzw. europäischen Fokus, weniger den weltweiten.
sportsbusiness.de: In Krisen findet auch immer eine Marktbereinigung statt. Wie geht es kleineren Events?
Schiphorst: Es gibt schon einen gewissen Trend hin zu Top-Assets. Das gilt auch für uns, wir vermarkten mit den Füchsen Berlin und dem THW Kiel ja auch die deutschen Spitzenvereine im Handball. Aber im Endeffekt verkaufen wir Leistung gegen Gegenleistung. Je niederklassiger, desto eher kommt man ins Mäzenatentum. Das ist nicht unsere Aufgabe. Da gibt es lokale Unternehmen. Wir sind sehr klar und schauen, was in unser Portfolio passt und eine entsprechende Reichweite hat. In dem Segment nehme ich keine Veränderung wahr. Natürlich gibt es in Krisen Gewinner und Verlierer, die eine Branche schließt sich, eine andere steigt ein, die auf Sport als Reichweitenträger setzt.
Sportsbusiness.at: Was sich in punkto Reichweite in den letzten Jahrzehnten geändert hat, ist, dass es neben Free- und PayTV auch Streamingdienste gibt. Wie verändern diese den Markt? Sie haben am Anfang oft viel Geld für Sportrechte, müssen nicht sofort Gewinne machen.
Schiphorst: Die Medienlandschaft wird immer fragmentierter, das stimmt. Beim Handball gab es einen Bieterkampf zwischen Sky und Dyn Media (Anm.: Die Streamingplattform von Ex-DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und dem Axel Springer-Verlag). Wir glauben, dass der Mix aus Streaming und linearem Fernsehen der beste Mix ist, alle Zielgruppen zu bedienen. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern erreicht man eher Ältere, die Jüngeren eher über Streaming-Dienste. Es ist schon schwierig, wenn eine Sportart bei einem Streaming-Dienst aus der Öffentlichkeit „verschwindet“. Dyn Media hat beispielsweise die Rechte an der Handball-Bundesliga, aber auch ARD als FreeTV-Partner. Gemeinsam mit den Kanälen der Bild-Zeitung bringt das schon viele Wachstumspotentiale mit sich. Für die Konsument:innen ist das aber zugegebenermaßen mühsamer, wenn man nicht weiß, wo und wie etwas gezeigt. Aufzuhalten ist diese Entwicklung aber nicht mehr. Die Plattformen müssen sich sowohl im Bewusstsein als auch im Nutzungsverhalten verankern.
sportsbusiness.de: Welche Trends registrieren Sie noch?
Schiphorst: Wir glauben grundsätzlich, dass der Sport und die damit verbundenen Emotionen das vielzitierte „letzte Lagerfeuer“ bleibt. Das Sportsponsoring hat sich im Marketingmix von Unternehmen einen wichtigen Platz erarbeitet und bietet eine tolle Plattform, sich zu positionieren und aufmerksamkeitsstark zu wirken. Aber ich sehe bei Trends vor allem „Nachhaltigkeit“ als Thema der Sportbranche. Daran führt kein Weg vorbei, vor allem nicht, wenn man sich jungen Zielgruppen öffnen möchte. Wir haben aus diesem Grund vor eineinhalb Jahren eine eigene Nachhaltigkeitsabteilung gegründet. Das ist einstweilen ein Investment in die Zukunft, weil wir einerseits selbst gefragt werden, wie nachhaltig wir sind, andererseits auch immer wieder von Unternehmen gefragt werden, wie nachhaltig unsere Kunden agieren. Bald wird es ein Entscheidungsgrund sein, ob der Partner im Sport auch nachhaltig agiert.
sportsbusiness.de: Digitale Entwicklung passt zu Nachhaltigkeit – man könnte ja mit dem Flieger nach Barcelona fliegen, aber in ein paar Jahren haben viele beispielsweise eine VR-Brille und können vom Sofa aus am Mittelkreis sitzen.
Schiphorst: Wie die Übertragung aufgebaut ist, das wird immer relevanter. Etwa durch Kameras am Schiedsrichter oder in den Kabinen. Früher haben wir uns 60 Minuten Handball oder 90 Minuten Fußball angesehen. Jetzt ist Second-Screening oder eine Konferenz Usus, weil das sonst zu „langweilig“ ist. Für junge Zielgruppen muss man den Content wiederum anders aufbereiten, etwa via TikTok, weil die eher nicht lineares TV schauen.
sportsbusiness.de: Also Übertragungen in 9:16?
Schiphorst: Die DFL macht das schon, damit man die Fußball-Bundesliga dann etwa via TikTok verbreiten kann.
sportsbusiness.de: Die Fragmentierung haben wir angesprochen. Wie lange gehen die Konsument:innen mit, wenn der Zugang zu Livesport immer komplizierter wird?
Schiphorst: Der Trend ist nicht aufzuhalten. Die Nutzer:innen werden ihr Konsumverhalten umstellen. Es wird zwar beispielsweise beim Streaming eine Konsolidierung geben, aber es kommt auch immer drauf an, welche Rechte man bündelt. Dyn Media hat Tischtennis, Volleyball, Basketball und Handball im Portfolio. So versucht man relevant zu sein. Es geht eben um einen ausgewogenen Mix.