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Zur Sportgeschichtsschreibung in einem kleinen Land.
Ein Gastbeitrag von Toni Innauer
Vorauszuschicken ist, dass viele, so auch der Verfasser dieser Zeilen, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten etwas sensibler auf bestimmte Zeichen reagieren. Die Botschaften zwischen den Zeilen oder die ausgesparten Tatsachen haben eine Kraft. Von den meisten übersehen, lassen sie betroffene Zeitzeugen aber hellhörig werden.
Dabei ginge es gerade jetzt darum, auch jenen Menschen Zuversicht zu vermitteln, die sich immer wieder ins Zeug gelegt haben, und sich damit in einem überschaubaren Rahmen, aber aus eigener Kraft zu helfen wussten. Jenen, die nicht bei jedem Problem nach Unterstützung und Förderung gebrüllt, sondern eigenverantwortlich Lösungen gesucht haben und das weiterhin so halten werden. Weil solche Typen tief drinnen daran glauben, dass Anstrengungsbereitschaft, Leistung und das Erlebnis, etwas aus eigener Kraft, gegen Widerstände und ohne Lobbyismus geschafft zu haben, ein gutes Gefühl vermitteln. Eigenleistung nennt sich dieses, jede Gesellschaft und Kultur befeuernde Prinzip. Die Bereitschaft dazu speist sich aus dem Denkmodell der selbst zu schaffenden Unabhängigkeit und der fairen Zuteilung von Anerkennung und Entlohnung. Diese Einstellung ist die Trägersubstanz der sogenannten Realwirtschaft und auch das Credo eines gesunden Selbstverständnisses im Sport. Wir sind gut beraten diese Einstellung zu würdigen und mit politischen Vorgaben zu unterstützen statt sie leichtfertig schlecht zu reden.
Der Spitzensport – in seinem noch nicht kommerziell verkommenem Kern – sollte und kann diese Botschaft vermitteln. Er könnte ein wichtiges Zuversicht spendendes Modell sein und er war es in seiner historischen Entwicklung auch immer wieder. Das ist, neben seinem Unterhaltungswert, auch der Grund dafür, dass sich junge Menschen diesem abenteuerlichen Weg nach wie vor und trotz der vorhandenen Risiken mit Haut und Haar verschreiben.
Nicht nur SportlerInnen, wir alle brauchen die aufbauenden Erzählungen von jenen, die Rückschläge verkraftet haben und schwierige Wege letztlich erfolgreich gegangen sind.
„I don’t wanna be a hero, just wanna fight like everyone else!“ war ein Lieblingslied von Niki Lauda. Gerade dann, wenn die eigenen Zweifel zu wachsen beginnen, können solche Beispiele Mut machen.
Skispringen und der nordische Sport haben über Jahrzehnte bis heute eine Menge an tollen Leistungen und Geschichten produziert. Millionen vor dem Fernseher und vor Ort haben sich von dem Weg der Preiml-Truppe inspirieren lassen. Aus dem Skigymnasium Stams an die – bis heute verteidigte Weltklasse – führte ein spannender Weg. Unvoreingenommene ÖsterreicherInnen sind deshalb begeistert, weil der kleine vernachlässigte Bruder des großen alpinen Rennsports auf einer, immer wieder schief gestellten Anerkennungsebene, letztlich aus eigener Kraft und in jeder Hinsicht bis auf Augenhöhe gekommen und geblieben ist. Die ORF-Doku Menschen & Mächte, die 70er-Jahre, hat viele Sportgrößen und Sportarten als prägende Elemente des Lebensgefühls dieser wunderbaren Zeit erhoben. Als Zeitzeuge muss ich sagen, absolut zurecht! Allerdings fehlen meinen Freunden aus dem Springerlager und mir die Argumente für die gänzliche Aussparung unserer, gerade bei den olympischen Heimspielen in Innsbruck noch erfolgreicheren Zunft. Immerhin war Olympiasieger Dr. Karl Schnabl mit einer weiteren Bronzemedaille 1976 der erfolgreichste rotweißrote Olympionike und hat, mit seinem anspruchsvollen und erfolgreichen beruflichen Weg im Anschluss an seine Karriere, Zeichen über den Sport hinaus gesetzt. Der Vollständigkeit halber erweitere ich den Blick auf die im Titel gestellte Frage mit der Tatsache, dass dasselbe Medium zum 40jährigen Jubiläum der Olympischen Spiele 1980 kürzlich einen 20-Minüter über die österreichischen Goldmedaillengewinner ausgestrahlt hat. Der Verfasser, als einer der drei, fand darin mit keinem Wort Erwähnung. Ist es nun peinlich, als Betroffener – und in Ermangelung von Lobbyisten – aktiv darauf hinzuweisen oder, dass nationale Sportgeschichte auf wichtigen Sendeplätzen wiederholt umgeschrieben wird?