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SPORT 2000 Vorstand Holger Schwarting spricht im exklusiven Interview mit sportsbusiness.de über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bilanz von Sport 2000, warum die Regierung im Bereich des Sportfachhandels zu wenig differenziert und wie sich die schwierige Phase auf das Sportsponsoring auswirkt.
sportsbusiness.de Exklusiv – Das Gespräch führte Nils Daiker
sportsbusiness.de: Seit gut zehn Monaten hat uns die Corona-Pandemie im Griff. Können Sie in wenigen Worten erklären, wie sich Covid19 auf die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren von Sport 2000 ausgewirkt hat?
Holger Schwarting: „Da unser Wirtschaftsjahr mit 30. April endet, wurden uns durch den ersten Lockdown im Geschäftsjahr 2019/20 die letzten sechs Wochen umsatzseitig weggeschnitten. Das Gute für SPORT 2000 war, dass wir bis dahin ein sehr gutes Geschäftsjahr hatten und trotz der Geschäftsschließungen von Mitte März bis Ende April, eine Umsatzsteigerung erzielen konnten. Somit waren wir mit dem Bilanzergebnis zufrieden. Mitte April durften die kleinen Geschäfte wieder öffnen, am 2. Mai dann auch die großen. Positiv für uns war, dass die Menschen – wohl beeinflusst durch vermehrtes Homeoffice und auch Kurzarbeit – Lust auf Sport hatten, was sich in den Umsätzen ab Mai widerspiegelt. Im Vordergrund standen Individualsportarten – also Running, Fitness, Outdoor und Biking. Die Menschen haben im Lockdown scheinbar gemerkt, wie alt ihr Fahrrad oder ihre Laufschuhe schon geworden sind. Die Menschen wollten raus und Sport machen, das zeigt die starke Nachfrage. Das ist uns zu Gute gekommen und wir konnten somit den Umsatz, den wir im März und April verloren haben, im Laufe des Jahres mehr oder weniger ausgleichen.“
Wie hat sich diese dann der Phase um den zweiten Lockdown verändert?
„Die zweite Phase gestaltete sich deutlich schwieriger, da rund 50 % der SPORT 2000 Händler in Tourismusgebieten angesiedelt sind. Die Hauptsaison beginnt normalerweise gegen Mitte Dezember, mit der Ankunft von Touristen. Durch die geschlossen gebliebenen Hotels und durch Reisewarnungen in den wichtigsten Zubringerländern, blieb der Tourismus de facto aus. Wir befürchten, dass diese Wintersaison so gut wie vorbei ist. Die Menschen, die jetzt Ski fahren gehen, sind vorwiegend Einheimische, die ihr eigenes Ski Equipment benutzen. Demnach ist die Situation vor allem bei unseren Händlern im Westen Österreichs bitter. Ware, die für den Winter eingekauft und von der Industrie geliefert wurde, kann nicht verkauft werden. Die nächsten drei Monate bis zum Ende dieses Geschäftsjahres hängen von den weiteren Entwicklungen des aktuellen Lockdowns ab. Unsere Händler haben für Frühling und Sommer bereits sehr gut eingekauft, sogar mehr als im Vorjahr. Wir rechnen wieder mit einer guten Nachfrage im Sportbereich. Verkaufen können wir allerdings nur, wenn die Geschäfte offen sind.
Sie meinten zuletzt ja, dass der Regierung gegenüber den Wintersporthändlern das Verständnis fehlt, könnten Sie diese Aussage konkretisieren und auf Ihre Kritikpunkte an der Regierung eingehen?
„Mein Eindruck ist, dass in der Regierung der Sportfachhandel zu wenig differenziert wahrgenommen wird. Man geht offensichtlich davon aus, dass neben Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss keine weiteren Hilfen benötigt werden, da nach der Wiedereröffnung Umsätze generiert werden können. Sporthändlern, die im Normalfall vorwiegend Touristen bedienen, fehlt die Kundschaft. Auch bei geöffneten Geschäften. Ich glaube außerdem, dass der Regierung Zusammenhänge zwischen Sportfachhändlern und dem Wintertourismus nicht bekannt sind. Hier braucht es eine bewusstere Wahrnehmung.“
Welche Auswirkungen könnte die nicht-Berücksichtigung der Sportartikelhändler im neuen Hilfspaket der indirekt betroffenen Branchen haben?
„Im Moment stehen wir vor allem vor der Herausforderung der Liquidität. Zudem sind Textilien im Skibereich genauso modeorientiert wie die jene in der Modebranche. Farben und Schnitte ändern sich. Das heißt, alles was heuer im Textilbereich nicht verkauft werden kann, unterliegt einer starken Abwertung. Was auch nicht wahrgenommen wird ist, dass der Skiverleih als Serviceleistung vergleichbar mit einem Hotelzimmer ist. Ein nicht vermieteter Ski ist ein verlorener Umsatz, der nicht nachgeholt werden kann. Insofern hoffen wir natürlich auf entsprechende Unterstützung der Banken und Hilfen der Regierung. Der Ausfallbonus hilf schon einmal.
Sehen Sie noch eine Möglichkeit, dass die Regierung den Sportartikelhändlern entgegenkommt?
„Mit dem Ausfallbonus wurde ein erster wichtiger Schritt gesetzt. Wir sind natürlich weiterhin in ständigem Austausch mit den Interessensvertretern, in erster Linie mit der Wirtschaftskammer. Dazu möchte ich positiv anmerken, dass sich die Wirtschaftskammer wirklich für unsere Interessen einsetzt und alles versucht, um unsere Themen bei den Entscheidungsträgern zu platzieren. Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer, Intersport und einigen anderen Händlern haben wir eine Studie initiiert, mit der die gesamte wirtschaftliche Situation in den Skigebieten aufgezeigt wird. Die Ergebnisse werden der Regierung dann in Form von Zahlen, Daten und Fakten vorgelegt. Ich hoffe, dass die Entscheidungsträger durch die Resultate der Studie und auch durch mediale Unterstützung aufmerksam werden und Verständnis für die Situation aufbauen.“
Sportfachhändler gelten durchaus als aktive und lokale wichtige Sponsoren. Wie sieht das Sponsoring-Engagement von Sport 2000 aktuell aus?
„Unsere Händler sind alle Unternehmer, die in ihrer Region sehr gut verankert und aktiv sind. Über ganz Österreich sponsert SPORT 2000 mit seinen Händlern über 500 Vereine. Wenn wir jetzt immer mehr aus der eigenen Substanz finanzieren, ist die Chance sehr hoch, dass solche Sponsoring-Engagements zurückgefahren werden. Wir wollen dies natürlich verhindern, weswegen wir auch stärkere Unterstützungen fordern. Nicht zu unterschätzen sind auch die Folgewirkungen für unsere Lieferanten. Ein Beispiel: Wenn die Skier nicht verkauft werden, dann werden wir auch bei der Skiindustrie für nächstes Jahr weniger kaufen können. Natürlich sind hier auch österreichische Firmen betroffen, wie Atomic, Salomon, Head oder Fischer.“
Corona war sicherlich auch ein Treiber des E-Commerce. Wie hat sich der Umsatz prozentuell vor Corona auf stationären und Online-Handel aufgeteilt und wie haben sich diese Werte verändert?
„SPORT 2000 ist in Summe kein besonders starker Onlineplayer. Der Fokus liegt auf dem stationären Handel. Wir haben einzelne Händler, die online gut sind, wie zum Beispiel Gigasport oder Geomix, die zu unserer Gruppe gehören und auch starke Steigerungen verzeichnen konnten. Im Jahr 2019 lag der Internet-Anteil des Gesamtmarktes in Österreich bei rund 22 Prozent. Man erwartet eine Steigerung desselben im Jahr 2021 auf ca. 30 Prozent.“
War und ist Corona auch bei Ihnen ein Treiber von digitalen Entwicklungen?
„Ja definitiv, auch wir haben reagiert und sind jetzt auch mit allen Händlern im Netz vertreten. Das heißt, die Krise hat das Digitale vorangetrieben. Einerseits, weil Unternehmen mehr in diesen Bereich investiert haben und andererseits, waren und sind die Kunden durch die Lockdowns ja fast schon gezwungen im Internet zu kaufen, weil die Geschäfte geschlossen sind.“
Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Jahr 2020 bezüglich der Nachfrage und gibt es für 2021 direkte Maßnahmen?
„Im Zusammenhang mit Covid-19 gibt es drei Trends, die entscheidend waren oder sind. Der eine Trend ist die Digitalisierung, Online-Umsatz und Online-Verkauf. Der zweite Trend ist, dass die Endverbraucher sehr bewusst bei ihren regionalen Händlern einkaufen gehen wollen. Es gibt also durchaus eine spürbare Solidarität der Einheimischen gegenüber der eigenen Handelsstruktur, die sie gerne aufrechterhalten würden. Das ist ein Trend, auf den wir im neuen Jahr auch setzen werden – (noch mehr) unsere Stammkunden und unsere einheimischen Kunden ansprechen, und uns letztendlich auch für ihre Solidarität bedanken. Der dritte Trend ist das Thema Nachhaltigkeit. Meiner Einschätzung nach geht es in die Richtung, dass die Menschen nachhaltigere Produkte haben wollen. All diese Themen spielen eine große Rolle und das spüren wir auch in der Nachfrage. Deshalb werden wir darauf setzen.“
Inwiefern planen Sie das Jahr 2021 für SPORT 2000, mit welchen Erwartungen kann man in diesen Zeiten reingehen?
„Im Moment planen wir immer noch auf Sicht, weil aktuell alles unsicher ist. Es ist sehr schwer zu planen. Wir reagieren entsprechend auf die Maßnahmen. Wir hoffen, dass wir ohne einen vierten Lockdown durchkommen. Dennoch blicken wir zuversichtlich nach vorne; auch weil es einen Impfstoff gibt, der die Situation zunehmend entschärfen wird. Wir haben Glück in einer Branche tätig zu sein, die nachgefragt wird und die mit Gesundheit und generell positiv assoziiert wird. Außerdem ist die Sportbegeisterung in Österreich sehr hoch. Hoffentlich werden ab dem Sommer auch wieder Touristen nach Österreich kommen dürfen. Zusammenfassend also nochmal: Ab dem Frühsommer planen wir zuversichtlich und bis Ostern fahren wir definitiv weiter auf Sicht.“