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Markus Kraetschmer: „Das war kein Blitz- und Donnerschlag“ [Exklusiv]

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Markus Kraetschmer berät aktuell die neu gegründete „Volleyball-Bundesliga“ (VBL), die bereits mit der Saison 2022/23 ihren Betrieb aufnehmen möchte. Zuvor braucht es jedoch noch intensive Verhandlungen mit dem bisherigen Rechtehalter, dem Österreichischen Volleyballerband (ÖVV). Wie dies gelingen soll, erklärt Kraetschmer im exklusiven sportsbusiness.de-Interview.

++ sportsbusiness.de-Exklusiv von Michael Fiala ++

Nach Jahrzehnten im Fußball bei der Austria und in diversen Funktionen in der Bundesliga und beim ÖFB hat sich Markus Kraetschmer im vergangenen Sommer selbstständig gemacht. Der Sport ist weiterhin in seinem Beratungsfokus, auch der Fußball spielt dabei eine Rolle. Für Aufsehen hat im Herbst 2021 jedoch sein Mandat für die Vienna Vikings gesorgt (>> siehe hier) und nun ist Kraetschmer auch für die neu gegründete „Volleyball-Bundesliga“ (VBL) in beratender Funktion tätig. Das Ziel ist ambitioniert: Zumindest acht, optimalerweise alle zehn Bundesliga-Klubs wollen mit der kommenden Saison 2022/23 mit einer vom Verband gelösten Struktur starten. Doch das sind nur die ersten von vielen Zielen.

Markus Kraetschmer erklärt im exklusiven sportsbusiness.de-Interview die Pläne, Ziele und Visionen der VBL:

sportsbusiness.de: Was hat den Ausschlag dazu gegeben, dass sich die VBL aus den acht Vereinen gegründet hat?

Markus Kraetschmer: Im November kam ein Vertreter eines Klubs auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich meine Expertise zu diesem Thema einbringen möchte. Die Analyse hat ergeben, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Verband und der Klubs nicht auf Augenhöhe funktioniert. Immer wieder war zu hören, dass „über unsere Köpfe hinweg“ entschieden wird. Ich habe viele Parallelen zu früheren Prozessen zwischen ÖFB und Bundesliga aber auch anderen Sportarten wie Eishockey oder Handball erkannt: Es gibt den gemeinnützigen österreichweiten Gesamtverband, der sich um sehr viele Aufgaben kümmern muss und viele unzufriedene Klubs! Volleyball ist eine der beliebtesten Sportarten in Österreich und der ganzen Welt – da müssen sich jetzt ein paar Dinge ändern! Die Klubs haben das Thema der Eigenorganisation  schon länger mit sich getragen und diskutiert, mich jetzt als Consultant dazu geholt. Wir haben eine interne Strategie und einen Zeitplan entwickelt, die dazu geführt haben, dass sich acht von zehn Vereinen zu der neu zu schaffenden Struktur bekannt haben. Wir treffen jetzt die Vorbereitungen, am besten konstruktiv gemeinsam mit dem Verband – und hier sehe ich meine  Rolle –, um mit der neuen Struktur in die Saison 22/23 die im September beginnen soll, zu starten – es ist ein ehrgeiziger Plan.

Es ist nicht so, dass dies ein Blitz- und Donnerschlag und überraschend war. Die Klubs sind seit einiger Zeit nicht zufrieden. Es haben auch alle davon gewusst, auch der Verband, der im Jänner noch in einem Schreiben an die Vereine seine Gesprächsbereitschaft gezeigt hat.

Markus Kraetschmer

Sie wollen vermitteln zwischen Verband und der neuen Liga. Gleichzeitig ist dieser Akt, der am Freitag bekannt wurde, ja nicht der freundlichste. Wie tief sind die Gräben zwischen Klubs und Verband?

Es ist nicht so, dass dies ein Blitz- und Donnerschlag und überraschend war. Die Klubs sind seit einiger Zeit nicht zufrieden. Es haben auch alle davon gewusst, auch der Verband, der im Jänner noch in einem Schreiben an die Vereine seine Gesprächsbereitschaft gezeigt hat. Es geht natürlich auch darum, welche Rechte wo liegen. In den vergangenen Jahren haben sich natürlich auch Emotionen aufgestaut, wie in jeder Sportart. Volleyball ist auf Vereinsebene gut organisiert, aber es liegt noch sehr viel im Amateurbereich. Es braucht mehr Professionalität: bei den Klubs aber auch in der Ligenorganisation. Es geht jetzt aber um Lösungen und nicht darum, sich „Nettigkeiten“ über die Medien auszurichten. Man muss in solchen Prozessen versuchen, beide Seiten zu verstehen und da habe ich einige Erfahrung aufgrund der zahlreichen Projekte, die wir im Klubfußball und mit ÖFB in der Bundesliga in den letzten Jahren umgesetzt haben. Hier braucht es jetzt Lösungsvorschläge, weil die Fans und auch alle anderen Stakeholder interessieren letztendlich nur eine funktionierende, spannende und tolle Liga und keine Streitereien.

Gibt es auch sportliche Ziele mit dieser Reform?

Man muss ganz klar sagen: Bei Fußball, Handball und Eishockey hat dieser Schritt, den wir jetzt im Volleyball gehen wollen, ganz klar zu mehr Erfolgen im Klubbereich aber auch bei den Nationalmannschaften geführt. Das ist sicherlich das Hauptziel. Wir haben jetzt in der Phase 1 die Herrenteams zusammengebracht, aber es gibt ganz klar das Ziel, auch die 2. Liga der Herren bzw. Bundes- und zweite Liga der Frauen in Zukunft über die VBLzu organisieren. Doch das muss alles Schritt für Schritt erfolgen.

Graz und Hartberg fehlen bei diesem Zusammenschluss. Ist der steirische Verband so mächtig, dass es hier noch Zurückhaltung gibt?

Es gibt anscheinend ein Naheverhältnis. Die Analyse der ÖVV Statuten hat auch gezeigt, dass nicht jeder Landesverband das gleiche Stimmrecht im Verband hat, sondern dies nach der Anzahl der gemeldeten Vereine und Mitglieder aufgeteilt ist. Man muss aber trennen: Auf der einen Seite der Verband, auf der anderen die Klubs. Graz ist regierender Meister und natürlich wollen wir auch die beiden Klubs ins Boot bekommen, aber es bleibt deren Entscheidung. Letztendlich geht es darum, die bestmögliche Lösung zu finden und da sollten alle Klubs dabei sein.

Meine Analyse hat aber auch ergeben, dass man vor allem monetär aus diesem gesamten Paket an Rechten wesentlich mehr herausholen kann als bisher.

Markus Kraetschmer

Was sind denn die wichtigsten Themenfelder, die sie mit dieser Strukturreform sonst noch vorantreiben wollen? Es wird natürlich auch um die Verteilung der einzelnen Vermarktungsrechte gehen, die derzeit alle beim Verband liegen?

Es ist natürlich ein wichtiger Punkt, diese Rechte alle zu evaluieren und warum sich das so in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Da gibt es viele verschiedene Faktoren wie auch internationale Bewerbe. Wirklich verdienen können Klubs derzeit nur im internationalen Geschäft ab dem Viertelfinale. Es gibt viele strukturelle Themen wie Ligamodus, etc. Das muss alles besprochen werden. Die Klubs sind derzeit der Meinung, dass alle diese Themen über ihre Köpfe hinweg entschieden werden und wurden – das muss sich ändern. Wir sind überzeugt, dass wir uns als eigene Organisation besser vermarkten können als dies bisher durch den ÖVV geschah. Ich habe in meinem Konzept auch klar gesagt, dass es einerseits harte Diskussionen geben wird, aber für eine Gesamtentwicklung nur gemeinsam geht – Verband und Liga.

Volleyball ist in Österreich eine klassische Sportart mit einer großen Schnittmenge zwischen Amateuren und Profis. Kann die VBL eine Profiliga werden?

Volleyball ist schon heute im Vergleich zu anderen Sportarten wie zum Beispiele American Football mit mehr Profis ausgestattet. Man kann aber nicht alle Klubs mit ihren Voraussetzungen über einen Kamm scheren: Ein Stadtklub mit Universitäten hat andere Möglichkeiten als ein Klub im Waldviertel oder Aich/Dob an der slowenischen Grenze. Es gibt im Verhältnis zu anderen Sportarten jedoch auch kleinere Kadergrößen, etc. Es gibt viele Faktoren, aber das Potenzial im Volleyball als der weltweit fünfbeliebtesten Sportart und mehr als 27.000 Mitglieder in Österreich ist groß. Es gibt zudem ein tolle Basis für den Volleyball, ausgehend als sehr beliebte Schulsportart. Wir haben ja damals auch mit dem Wiener Ballsportgymnasium die Potenziale der Sportarten Fußball, Football, Volleyball und Basketball zusammengeführt – für Burschen und Mädchen. Es braucht einen kurz-, mittel- und langfristigen Plan, um all diese Themen bis hin zu eSports und CSR anzugehen.

Was hat Ihre Analyse in Bezug auf die TV-Vermarktung ergeben?

Der Verband und die Liga sind in diesem Punkt heute relativ weit, es ist jedes Spiel über Streaming zu sehen. Man wird hier natürlich mit den TV Partnern wie dem ORF reden, wie man gewisse Themen anpacken kann, noch weiter attraktivieren kann. Hier fällt auch wieder der relativ komplizierte Liga-Modus ins Gewicht – mit Grunddurchgang, Zwischenrunden mit Punkteteilung und ohne, nicht alle Mannschaften steigen gleichzeitig ins Geschehen ein. Man muss zu einem Modus kommen, der klar und transparent ist und den die Fans auch verstehen. Aber man hat beispielsweise am Wochenende beim ORF-Live-Spiel Tirol gegen Sokol schon gesehen, dass es hier in den letzten Jahren bereits eine Entwicklung gegeben hat – mit LED-Banden, Entertainment, etc. Meine Analyse hat aber auch ergeben, dass man vor allem monetär aus diesem gesamten Paket an Rechten wesentlich mehr herausholen kann als bisher.

Wir freuen uns auf weitere Gespräche mit den Verantwortlichen dieses Projekts. Klar ist, dass die positive Gesamtentwicklung des österreichischen Volleyballsports mitsamt seinen Top-Ligen die Kernaufgabe des Österreichischen Volleyball Verbands darstellt und dafür viele Ressourcen aufgewendet werden.

Gernot Leitner, Präsident ÖVV

Ein wichtiger Punkt ist der Hauptsponsor, der zuletzt mit Deniz verlorengegangen ist. Hat die VBL hier schon etwas im Gepäck, um die Verhandlungen mit dem Volleyballverband etwas leichter zu gestalten?

Nein. Aber das Thema Naming-Right ist extrem wichtig, aber auch hier müssen wir zunächst die Basisaufgaben erledigen. Die Klubs müssen hier auch klar sagen, welche Werbemöglichkeiten der VBL zentral zur Verfügung gestellt werden, wie etwa Flächen auf Banden, Dressen, Klub-Medien, etc. Bisher haben sich die Klubs damit nicht ausreichend beschäftigt, weil vieles vom Verband vorgegeben oder gemacht wurde, ohne dass die Klubs etwas dazu beitragen konnten. Mit der eigens zu gründenden Vermarktungs-GmbH der VBL wollen wir hier viel professioneller werden.

Wie sieht der weitere Zeitplan aus: Ein Start mit der kommenden Saison klingt sehr ambitioniert. Im Profifußball wäre das undenkbar, die Rahmenbedingungen so radikal für die kommende Saison zu ändern ..

Es gibt das klare Ziel, mit der Saison 2022/23 für die Bundesliga Herren im September zu starten. Es gibt aber auch schon viele Anfragen für die zweite Bundesliga sowie Damen 1 und 2. Im Lizenzierungsverfahren müssen die Klubs dann den Antrag abgeben, um in der neuen Liga dabei zu sein. Wir müssen daher danach trachten, dass wir die Verhandlungen mit dem ÖVV mit den wesentlichen Eckdaten spätestens bis zum Sommer abschließen können, besser noch früher. Von unserer Seite gibt es das Verhandlungsteam bereits, jetzt gilt es, schnell die Verhandlungen aufzunehmen …

… wie war die erste Reaktion des ÖVV nach der Bekanntgabe der Entscheidung?

Mir persönlich gegenüber hat sich noch niemand geäußert, aber es hat unser neuer VBL-Präsident Peter Kirchmayr bereits mit ÖVV-Präsident Leitner telefoniert, es gibt eine offizielle ÖVV Stellungnahme (siehe unterhalb) und es wird nun hoffentlich bald die erste Verhandlungsrunde fixiert.

Danke für das Gespräch!

Reaktion des ÖVV auf die Gründung der VBL:

Gernot Leitner, der Präsident des Österreichischen Volleyball Verbands (ÖVV), nimmt zur Gründung des Vereins „Volleyball-Bundesliga“ folgendermaßen Stellung: „Wir freuen uns auf weitere Gespräche mit den Verantwortlichen dieses Projekts. Klar ist, dass die positive Gesamtentwicklung des österreichischen Volleyballsports mitsamt seinen Top-Ligen die Kernaufgabe des Österreichischen Volleyball Verbands darstellt und dafür viele Ressourcen aufgewendet werden. Je besser die Erstligavereine abgestimmt sind, sich mit Ideen einbringen und vor allem auch umsetzen, desto besser. Darum begrüßt der ÖVV die bereits angekündigte und nun erfolgte konstitutionelle Gründung dieser Interessengemeinschaft. Sobald konkrete Pläne beim ÖVV einlangen, werden sich der Vorstand und das Exekutivkomitee damit beschäftigen.“

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