Herwig Straka, Mitglied des Board Of Directors in der ATP und Organisator der Erste Bank Open, spricht im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.de über die Reformschritte des Tennisverbands, der damit verbundenen Aufwertung der 1000er-Turniere und die Chance, dass Wien auch so eines wird. Zudem zieht Straka eine erste Bilanz der Vienna Padel Open in Wien, die vergangenes Wochenende erstmals über die Bühne gegangen sind.
Die ATP geht neue Wege: Die strategische Ausrichtung, der „OneVision plan“, hat nach zwei Jahren Beratungen und Verhandlungen nun grünes Licht erhalten. Die 1000er-Turniere werden damit aufgewertet und künftig mit Damen und Herren und einem 96er-Raster gespielt. Dies soll Vermarktungseinnahmen steigern – ein Bereich, wo Tennis hinterherhinkt. Laut dem früheren Top-20-Spieler Gaudenzi, einst Trainingspartner von Thomas Muster und ebenfalls vom mittlerweile verstorbenen Ronald Leitgeb betreut, habe sich der Tennissport zu sehr auf Ticketverkäufe verlassen und habe einen strukturellen Wandel gebraucht. Das sieht auch Herwig Straka so, der im ATP Board of Directors sitzt und u.a. das Erste Bank Open in Wien organisiert. Im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.de spricht Straka nun erstmals über die konkreten Reformschritte und welche Auswirkungen auch für Wien möglich sind. Zudem: Straka zieht eine erste Bilanz zu den Vienna Padel Open in der Steffl Arena und welche langfristige Strategie dahinter steckt.
sportsbusiness.de: Vor wenigen Tagen hat die ATP eine Reform beschlossen. Als Mitglied des ATP Board Of Directors haben Sie maßgeblich mitgearbeitet. Was können Sie darüber erzählen?
Herwig Straka: „Ich würde es nicht Reform nennen, sondern einen logischen Schritt. Aber es war sehr aufwendig, ich habe jetzt zwei Jahre meines Lebens damit verbracht. Die Sache beim Tennis ist die: Es gibt keine andere Sportart, wo SportlerInnen so viel Mitspracherecht haben, wie beim Tennis, denn sie sitzen in allen Gremien gemeinsam mit den Veranstaltern. Die Idee von Andrea Gaudenzi, unserem Chairman, war ganz einfach: Wir wollen alles mit den Spielern teilen, denn ihnen gehört auch die Tour zu 100%. Daher müssen wir wachsen. Daher haben wir u.a. beschlossen, die 1000er Turniere als die Vorzeige-Events der ATP stärker zu machen, um bei den Medieneinnahmen und der Vermarktung zu wachsen.“
Wie war die Reaktion auf diese Struktuänderungen?
„Wir haben einige Hausaufgaben erledigt und viele andere sind noch zu erledigen. Klarerweise gibt es bei einer derartigen Änderung auch Gegendruck, ich bin aber davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Tennis ist die zweit- oder drittgrößte Sportart der Welt, hinkt aber bei den Medieneinnahmen weit hinterher. Wir sehen es daher als einzige Chance, diesen Plan „One Vision“ umzusetzen, um hier besser vermarkten zu können.“
Wie sieht das neue Format der 1000er-Turnier künftig aus?
„Es wird kombinierte Damen- und Herren-Turniere geben, wie wir es jetzt schon von Indian Wells kennen. Bis auf Monte Carlo und Paris können alle aktuellen 1000er-Turniere auf dieses Format umstellen. Zudem wird es dann immer einen 96er-Raster geben, womit auch mehr Spieler Platz finden. Gestartet wird das Ganze 2023 zusätzlich mit den Turnieren in Madrid, Rom und Shanghai. 2024 werden wir aufgrund der Olympischen Spiele nicht erweitern. Der nächste Schritt erfolgt dann 2025 mit Kanada und Cincinatti. Wir haben uns auch die Option offengelassen, dass ein neues 1000er-Turnier hinzukommt.“
Sie haben die neuen Möglichkeiten der Rechtevermarktung angesprochen. Wie sollen diese aussehen?
„Der Konsument hat sich nicht mehr ausgekannt. Wo sehe ich welches Turnier? Es gibt rund zwei Prozent Hardcore-Fans, die den Tennis-Channel , als unsere eigene Tennis-Plattform, abonnieren. Es geht aber um die restlichen 98 Prozent. Für die braucht es eine starke und zentrale Vermarktung der Medienrechte. Am Ende des Tages soll ein Knopf (digital wie analog) existieren, wo Tennis drauf steht – und der Fan so ganz einfach Tennis konsumieren können soll.
Wenn die 1000er-Turniere wichtiger werden, werden dann die 500er- und 250er-Turniere an Bedeutung verlieren?
„Der prinzipielle Zugang ist: Wir lassen den Kuchen insgesamt wachsen. Zwar bekommen die 500er und 250er-Turniere künftig weniger Anteile, aber wenn der Kuchen insgesamt größer wird, wird es insgesamt auch für diese Turniere mehr werden.“ Also es werden alle, Spieler und Turniere Gewinner dieser Neuordnung werden.
Könnte auch Wien eines der neuen 1000er-Turniere werden?
„Das ist natürlich immer ein Ziel, aber derzeit ist es aus mehreren Gründen nicht möglich,. Einerseits liegen wir zeitlich zu nahe an Paris. Zudem gibt das die aktuelle Infrastruktur in Wien nicht her. Aber es ist sicherlich eine sehr interessante Überlegung, denn beides lässt sich lösen.“
Sie haben mit Ihrer Agentur e|motion auch erstmals die Vienna Padel Open in Wien organisiert. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
„Die Bilanz ist durchaus positiv. Wir wollen damit eine neue Sportart salonfähig machen, die derzeit massiv wächst. Wir haben aber auch gewusst, dass wir eigentlich in Österreich damit eine Spur zu früh dran sind und wir nicht vor ausverkauftem Haus spielen werden. Es war aber dennoch ein cooler Event und es hat alles gepasst. Es trifft jedenfalls den Zeitgeist für die Zukunft.“
Was meinen Sie mit „zu früh“?
„Damit meine ich, dass in Österreich noch nicht alle darauf gewartet haben, dass dieses Turnier endlich stattfindet. In anderen Ländern gehen diese Events bereits durch die Decke. Das Erfreuliche aber ist, dass all jene, die vor Ort live dabei waren auch begeistert wurden.“
Hat sich das Turnier im ersten Jahr bereits finanziell getragen?
„Nein, das war eine Investition in die Zukunft, das war aber auch schon vorher klar. Das ist aber in meiner 30-jährigen Karriere auch nichts Neues, das war in Wien damals beim Tennis auch so. Die Vermarktung war auf jeden Fall sehr gut, wir hatten tolle Sponsoren, die uns natürlich auch vertraut haben, dass wir hier einen guten Event auf die Beine stellen können. Jetzt geht es darum, das Niveau in den kommenden Jahren zu heben.“
Ist das Turnier für die kommenden Jahre fix eingeplant?
„Es gibt einen längerfristigen Vertrag mit Ausstiegsmöglichkeiten. Unser Ziel ist jedenfalls eine nachhaltige, längerfristige Veranstaltung in Wien. Der Padel-Markt ist derzeit aber noch fragmentiert, es gibt eine 2. Tour parallel, die sich etablieren möchte.“