Patrick Lenhart, Leitung Marketing der Österreichischen Bundesliga, spricht im sportsbusiness.de-Interview über die Herausforderungen der Vermarktung in Pandemie-Zeiten, warum die Bundesliga die Leistungen zum Teil sogar übererfüllt hat, welche Pläne mit dem neuen Bewerbssponsor Admiral gewälzt werden, wie die Inhouse-Vermarktung funktioniert, und wie sich Social-Media zur harten Medien-Währung gemausert hat.
sportsbusiness.de – Exklusiv – das Gespräch führte Michael Fiala
sportsbusiness.de: Vor ziemlich genau einem Jahr ist die Covid19-Pandemie über Österreich hereingebrochen. Was hat sich in Punkto Vermarktung der Bundesliga seit dem verändert?
Patrick Lenhart: Eines war ganz klar zu sehen: Der Fußball als Event ist nicht unverwundbar. Bisher war es so, dass man Spiele zwar verschoben hat, aber sie haben immer irgendwann stattgefunden. Jetzt war es dann plötzlich so, dass man anfangs auch im Profibereich vor der Situation gestanden ist, dass die Meisterschaft eventuell gar nicht zu Ende gespielt werden kann. Da war ein Vakuum zu spüren. Es ist aber dann mit der guten Arbeit und dem Präventionskonzept gelungen, als erster Verband wieder aufs Spielfeld zurückzukehren. Damit konnten wir das Problem beseitigen, dass wir keinen Meister auf sportlichem Weg ermitteln können. Parallel dazu haben wir mit Sponsoren und Partnern gesprochen, wie man Kompensationsleistungen erbringen kann.
sportsbusiness.de: Jede Krise soll man bekanntlich auch als Chance sehen. Welche Chancen haben sich bei der Bundesliga eröffnet?
Lenhart: Wir konnten uns bei unseren Sponsoren als verlässlicher Partner etablieren. Sportsponsoring ist bei vielen Unternehmen ein fixer Teil des Kommunikationsplans. Die Pandemie hat hier eine grobe Planungsunsicherheit gebracht. Hier konnten wir als Bundesliga punkten, weil wir stabil geblieben sind. Die Werbewerte waren dann sogar extrem gut, hier haben wir von der Alleinstellung sicherlich profitiert.
sportsbusiness.de: Bei vielen Sponsoren gab es eine Stimmungsschwankungen. Am Anfang der Pandemie hörte man oft solidarische Bekundungen, im Herbst gab es dann immer öfters aber auch zu lesen, dass Sponsoren den Gürtel enger schnallen müssen und damit einhergehend auch Sponsorings reduzieren. Wie sieht es hier diesbezüglich mit den Partnern der Bundesliga aus?
Lenhart: Eine ganz klare Folge ist, dass in jedem neuen Vertrag, der jetzt unterschrieben wird, die Pandemie ein Thema ist. Hier gibt es ganz klare Vorstellungen, wie man beispielsweise mit nicht ausgetragenen Spielen, etc. bzgl. Sponsorleistungen und entsprechenden Zahlungen umgeht. Die meisten Sponsoren haben zu Beginn große Flexibilität gezeigt, man ist ja auch am Anfang davon ausgegangen, dass es nur zu Verschiebungen kommt und man eigentlich gar nicht wusste, wie lange die Pandemie überhaupt dauern wird.
sportsbusiness.de: Aber gab es hier Einschnitte bei bestehenden Verträgen?
Lenhart: Nein, zum Glück nicht. Wir haben unsere Leistungen sehr gut erfüllt, zum Teil auch übererfüllt. Bei Themen wie Ticketkontingenten konnten wir in anderen Bereichen kompensieren.
sportsbusiness.de: Die Vermarktung der Bundesliga wurde vor einiger Zeit bereits komplett „inhouse“ geholt. Welche Überlegungen stehen hinter dieser strategischen Entscheidung?
Lenhart: Die Überlegung war, dass wir sehr komplexe Produkte haben, die wir anbieten. Wir haben keinen Sponsoringkatalog, wo man auswählen kann wie etwa bei Bandenbuchungen. Wir definieren dann mit Partnern gemeinsam einen Rahmen, aber wie die Integration genau umgesetzt wird, kann durchaus auch ein dynamischer Prozess sein. Hier braucht es eine direkte Ansprache, was besser gelingt, als wenn wir hier noch einen Drittpartner dazwischenschalten würden.
sportsbusiness.de: Stößt dieses System an Grenzen?
Lenhart: Es stößt dort an Grenzen, wenn es um die Umsetzung geht. Wir haben im Social-Media- oder im Print-Bereich massiv expandiert. Auch im Bereich der Events machen wir sehr viel. Wenn es dann z.B. dann darum geht, Roadshows zu organisieren und vor Ort umzusetzen oder 20 verschiedene Social-Media-Kanäle zu betreuen, braucht man externe Partner und Agenturen.
sportsbusiness.de: Vor nicht allzu langer Zeit gab es die Bundesliga-Reform mit der 12er- und einer 16er-Liga. Welche Auswirkungen auf die Vermarktung hatte dieser Schritt?
Lenhart: Die Änderung des Ligenformats brachte auch eine Änderung der Positionierung mit sich. Beispielsweise steht der Name „2. Liga“ ganz klar für das, was es ist: Die zweithöchste Liga und nicht etwa die erste Liga. Das hat dazu geführt, dass sich die Partner und Sponsoren besser wiederfinden. Ich weiß, wenn ich mich als Partner für die 2. Liga interessiere, was ich dafür bekomme. Genauso verhält es sich in der Bundesliga. Es ist klarer abgegrenzt und ermöglicht dadurch mehr Raum und Fläche. Auch der Spannungsfaktor z.B. durch den Kampf um die Meistergruppe bringt ein entsprechendes Echo. Das zieht tendenziell Partner und Sponsoren an.
sportsbusiness.de: Seit einigen Wochen ist klar, dass Admiral der neue Bewerbssponsor wird – und zwar für beide Ligen. Dies ist erstmals der Fall. Was steckt hinter diesem Sinneswandel?
Lenhart: Das war der ganz klare Wunsch und Anspruch des neuen Partners. Admiral sieht sich als österreichisches Unternehmen, das extrem stark mit dem Sport verwurzelt ist. Das ist für uns kein Problem, weil die Ligen eigenständig bleiben in ihrer Positionierung. Es wird kein Gemeinschaftslogo geben. Es sind auch zwei verschiedene Verträge mit eigenen Leistungen.
sportsbusiness.de: Kann man schon verraten, wie diese Partnerschaft aussehen wird?
Lenhart: Wir sind gerade in der Kreativphase. Da gibt es das klassische Thema, wie das Bewerbslogo aussehen wird, aber es geht auch um Content-Formate, Social-Media-Integration und viele andere Themen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man noch nicht so viel sagen, aber es wird eine Fülle an Aktivitäten geben.
sportsbusiness.de: Aber der Name des Partners „Admiral“ wird im Ligennamen vorhanden sein?
Lenhart: Ja, in beiden Ligen…
sportsbusiness.de: …was ja nicht immer der Fall ist, wie das Beispiel Interwetten und 2. Liga zeigt.
Lenhart: Ja, das war eine spezielle Konstruktion. Interwetten hat diesen Teil des üblichen Werbepakets für Bewerbssponsoren, das Naming Right, umgewechselt in anderes Inventar und einer Gemeinschaftsaktion zur Verfügung gestellt, der Initiative #fussballkannmehr mit der Sport Union. Vielleicht etwas ungewöhnlich, aber durchaus kreativ.
sportsbusiness.de: Wie hat sich die Suche nach neuen Partnern in dieser schwierigen Zeit dargestellt. Gab es viel Nachfrage?
Lenhart: Es gab jedenfalls mehr als ein Angebot, wir konnten also wählen. Das ist an sich in Zeiten der Pandemie ein schöner Erfolg. Es war auch so, dass die Verhandlungen mit den Interessenten auch abseits der Pandemie geführt wurden. Es gab nie Zweifel daran, dass der Fußball weiter existieren wird. Klarerweise wurden Pandemie-Klauseln festgeschrieben, aber mehr auch nicht. Hier kam uns der anfangs erwähnte frühe Restart sicher zu Gute.
sportsbusiness.de: Das Zusammenspiel der Klubs mit der Liga ist durchaus komplex. Wenn ein großes Recht wie das Titelsponsoring vergeben wird, betrifft dies ja auch zum Teil Rechte der einzelnen Klubs. Hat Admiral im Vergleich zu Tipico mehr Vermarktungsrechte bekommen?
Lenhart: Die Bundesliga als Verband hat ja an sich wenig Rechte, die sie selbst vergeben kann. Ein Beispiel dafür wäre der Mobilitätspartner. Der überwiegend große Anteil der Rechte liegt aber bei den Klubs. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob das Bewerbslogo auf dem Trikot den Klubs oder der Liga gehört. Das Naming Right ist so gelernt, dass es kein Problem ist, wenn es Änderungen gibt. Im Endeffekt geht es darum, dass man für alle Klubs einen Mehrwert schafft…
sportsbusiness.de: …aber wird der Umfang des Admiral-Deals größer sein als der bisherige Tipico-Deal oder ist das noch Teil der Gespräche?
Lenhart: Die Pakete sind definiert. Im Vergleich zum bisherigen Bewerbssponsoring wird es ein paar neue Integrationsformen geben. Tipico war jetzt sieben Jahre dabei, auch hier hat sich im Rahmen dieser Partnerschaft immer wieder ein bisschen etwas geändert.
sportsbusiness.de: Aktuell fällt in die Zentralvermarktung der Liga das Naming Right, es gibt den Ligaball, die Vermarktung der Schiedsrichter, den Ausrüstervertrag für die 2. Liga. Wo gibt es noch Potenzial für weitere Felder der Zentralvermarktung?
Lenhart: Wir vermarkten auch die eBundesliga, inkl. gesamter Durchführung und Organisation. Um das zu finanzieren, haben wir auch das Vermarktungsrecht der Klubs bekommen. Hier gibt es auch vier Premium-Partner bzw. zwei Presenting-Partner. Ob es weitere Zentralvermarktungsprojekte geben kann, wird man sehen. Wichtig ist, wie schon erwähnt, einen Mehrwert zu schaffen für die einzelnen Klubs…
sportsbusiness.de: …aber gibt es aktuell ein Feld, wo man aktiv auf der Suche nach einem Zentralvermarktungspartner ist?
Lenhart: Nein, das gibt es aktuell nicht. Wir haben ja zuletzt in der 2. Liga mit 11teamsports einen Ausstatter hinzugewonnen. Diese Partnerschaft könnte sich möglicherweise ausweiten in Richtung eines zentralen Ausstatters. Aber auch das kann jedem einzelnen Klub in der 2. Liga einen Vorteil bringen, wenn die Konditionen besser sind als einzelne Verträge zwischen Klubs und dem jeweiligen Ausstatter. Außerdem hat man Ansprechpartner vor Ort, die auch das Merchandising in die Hand nehmen können.
sportsbusiness.de: Wie sieht der 11teamsports-Deal aus? Dieser ist optional und ein Angebot für die Klubs der 2. Liga?
Lenhart: Genau, es gibt einen Rahmenvertrag. Wir unterstützen die Klubs bei der Umsetzung. Man kann zudem auch gar nicht alle Vereine mit einem Schlag umstellen, weil es ja auch individuelle Verträge der Klubs gibt, so wie auch damals beim Ligaball. Die aktuelle Kooperation stellt zudem sicher, dass jeder Klub einen anderen Ausstatter nehmen kann, das ist für die Identität der Klubs auch durchaus wichtig.
sportsbusiness.de: Wie schon anfangs erwähnt, konnte die Liga aufgrund des frühen Restarts nach dem 1. Lockdown den Werbewert sogar steigern. Wo liegt denn noch Potenzial bzgl. einer weiteren Erhöhung?
Lenhart: Wir haben vor drei Jahren ein zentrales Social-Media-Reporting eingeführt. Diese Zahlen sind aktuell in der klassischen Werbewertberechnung von Focus noch gar nicht integriert. Das ist sehr komplex, weil es hier viele verschiedene Accounts mit vielen verschiedenen Content-Formaten zu beobachten gilt. Hier wird auch ein Wert generiert. Was man allerdings noch nicht schafft, ist, diese Berechnung mit jener von Focus zu verknüpfen. Hier gibt es sicherlich noch viel Potenzial bzgl. der Werbewertberechnung.
sportsbusiness.de: Wie gehen potenzielle und aktuelle Partner mit dem Thema Socia-Media-Reichweite um. Ist das eine harte Währung?
Lenhart: Ja, natürlich. Man will als Sponsor immer sicherstellen, dass sich eine Investition auch mit Zahlen darstellen lässt. Die Zeiten sind vorbei, in denen Sponsoring als Spende angesehen wird. Mit Focus haben wir die härteste Währung, die es für Print, TV und Online gibt. Zusätzlich haben wir eben ein Tool, um auch Social-Media erfassbar zu machen. Es ist für unsere Partner auch qualitativ immer sehr interessant, diese Analysen von uns zu erhalten. Man kann daraus sehr viel lernen, z.B. welche Platzierungsarten besonders gut funktionieren.
sportsbusiness.de: Die aktuellen Focus-Zahlen zeigen, dass die Liga aufgrund des schnellen Restarts nach dem ersten Lockdown zulegen konnte. Welche Besonderheiten kann man aus den aktuellen Focus-Zahlen ziehen?
Lenhart: Diese Alleinstellung hat uns den erhöhten Werbewert gebracht. Ein Aha-Erlebnis war aber sicherlich, dass wir auch dann hohen Werbewert erzielen, wenn wir gar nicht spielen. Die Diskussion über den Fußball bleibt bestehen, selbst wenn der Ball ruht.
sportsbusiness.de: Kommen wir zum Schluss zum Thema Zuschaueraktivierung. Hier war die Liga mit verschiedenen Initiativen und Roadshows in den vergangenen Jahren aktiv. Wie geht man mit diesem Thema um, wenn aktuell gar keine Fans in den Stadien zugelassen sind?
Lenhart: Wir haben das bereits vor einigen Jahren gemeinsam mit den Klubs besprochen, dass wir den Klubs helfen wollen, mehr Fans in die Stadien zu bekommen. Wir als Liga haben weder ein eigenes Stadion, noch verkaufen wir Tickets, auch die Preishoheit liegt bei den Klubs. Wir können daher nur als Multiplikator oder über Gemeinschaftswerbung auftreten. Damit konzentriert man die Kräfte und kann einen höheren Effekt erzielen.
sportsbusiness.de: Und wann kann man sinnvollerweise mit neuen Initiativen starten?
Lenhart: Jetzt sind wir aktuell damit beschäftigt, die verschiedenen Szenarien in Pläne umzuwandeln. Hier wird es begleitend auch von uns eine umfassende Marktforschung geben, um herauszufinden, ob es Veränderungen in den Gewohnheiten gegeben hat oder ob sich das Sicherheitsgefühl oder andere Themen verändert haben. Es wird eine große Herausforderung, die Menschen wieder in ihre alten Gewohnheiten zurückzuführen. Hier ist das Timing extrem wichtig. Es ist nur sinnvoll, wenn sich abzeichnet, dass eine relevante Größe wieder ins Stadion gehen darf. Wir haben aktuell zahlreiche Konzepte fertig, die relativ schnell umgesetzt werden könnten.
Infobox: Ausgewählte Sponsoring Partnerschaften der Fußball Bundesliga
- Adidas Ligaball – Verlängerung 3 Jahre ab 2021/22
- ADMIRAL Bewerbssponsor Bundesliga + 2. Liga – ab 2021/22 3 Jahre
- 11Teamsports – Official Supplier / Ausstatter der 2. Liga ab 2021/22 für 4 Jahre
- Geomix – Ausstatter und Partner Schiedsrichter ab 2021/22 für 3 Jahre
- Wiener Städtische – Presenting Sponsor eBundesliga Teambewerb
- Magenta – eBundesliga Premium Partner
- MediaMarkt – eBundesliga Premium Partner
- Raiffeisen Club – eBundesliga Premium Partner + Titelsponsor Rookies Cup
- Laola1 TV und Krone.TV – eBundesliga Mediapartner
- RRG Wien – Mobilitätspartner
- Panini – Lizenzvertrag Stickeralben
- EA Games – Lizenzvertrag FIFA
- Tipico – Bewerbssponsor Bundesliga bis 2021/22
- Interwetten – Bwerbssponsor 2. Liga bis 2021/22