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Rechtssicherheit und Provision – die Welt der Spielerberater [Exklusiv]

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Die FIFA will den Beratermarkt wieder regulieren. Wie der Markt selber, ein Unterfangen mit Licht und Schatten. Der Ex-Fußballer und nun in London lebende Österreicher Thomas Freismuth kennt beide Seiten. sportsbusiness.de hat mit ihm exklusiv gesprochen.

++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++

Die FIFA sieht in dem seit 9. Jänner geltenden, neuen Reglement für Spielervermittler (FFAR) einen wichtigen Schritt zu einem „faireren, transparenteren Fußballtransfersystem“. Es beinhaltet eine Beschränkung von Beraterprovisionen, grundlegende Standards für Spielervermittler und deren Kunden vor sowie eine Lizenzierungspflicht und ein Verbot von Mehrfachvertretungen.

Thomas Freismuth, der vergangenes Jahr auch von der FIFA zu diesen neuem Regulativ von der FIFA befragt wurde, begrüßt einen Teil dieser Änderungen. Der 26-jährige gebürtige Steirer wäre als Ex-Sturm-U18-Keeper beinahe selbst Profi geworden, ehe seine Karriere 2015 endete und er am University Campus of Football Business (UCFB) in London „International Football Business“ studierte. Heute ist er Buchautor und vor allem Spielerberater sowie Geschäftsführer der Agentur GROW, bekannt als Agentur von Mesut Özil. 2015 ist auch ein gutes Stichwort für den Spielerberatermarkt: „2015 hat die FIFA den Beratermarkt komplett dereguliert. Davor gab es ein einheitliches Lizenzierungssystem, die letzten 7 Jahre aber entschieden die nationalen Verbände.“

Der Benefit der Neuerungen

Das heißt: Jeder Verband in Europa konnte machen, was er wollte, und hatte unterschiedliche Bestimmungen. In Deutschland etwa reichten 500 Euro Registrierungsgebühr. Sprich: Wer wollte, konnte sich Spielerberater nennen. „Es gibt nun ein Ausbildungssystem mit Zugangsbeschränkungen und einer Prüfung, bei der man nachweisen muss, dass man die Regularien kennt und versteht“, erzählt Freismuth im Interview mit sportsbusiness.de. Zudem werde es jedes Jahr verpflichtende „Auffrischungs-Kurse“ geben, der Inhalt ist noch offen, was angesichts von zwei Jahren Entwicklungszeit durch die FIFA einigermaßen verwunderlich ist. Dennoch: Laut Freismuth würde ein Großteil der Berater begrüßen, dass es mehr Transparenz und benötigte Ausbildungen als Zugangsvoraussetzung für Spielerberater gibt – da das Dasein als Spielerberater hochkomplex sei.



Ich habe einen 18 Jahre alten Spieler, an ihm waren im Sommer zwölf Vereine aus ganz Europa interessiert. Wie stellt man sich das ohne Berater vor? Soll der Teenager zu allen Klubs hinfliegen?

Thomas Freismuth

Spielerberater hätten eben auch nicht die beste Nachred‘, was aus Sicht der großen Massen an redlichen Akteuren einerseits an den negativen Ausnahmen liege, andererseits an der medialen Darstellung. „Die Berater bekommen oft negative Presse. Berater agieren zumeist als Interessensvertreter von Spieler und werden gerne als Sündenbock verwendet – wenn Transfers nicht zustande kommen. Über die großen Berater haben sich die Top-Stars sehr selten aufgeregt“, widerspricht Freismuth auch dem Image von beispielsweise dem 2022 verstorbenen Mino Raiola. Der Italiener handelte für Superstars wie Zlatan Ibrahimovic oder Erling Haaland das Beste heraus, ohne dass je sich einer seiner Klienten darüber aufregte. In den Medien werden die Berater gerne als geldgeil beschrieben – dazu gleich mehr – oder sind einfach schlecht angesehen, weil Fußball ein Sport der Fans ist und die dann ungute Karriereentscheidungen gerne und nicht immer zu Unrecht den Beratern zuschieben.

Mehr als nur zwei Mal im Jahr

Dabei ist das Beratertum ein Job, der notwendig ist. Ein Beispiel von Freismuth: „Ich habe einen 18 Jahre alten Spieler, an ihm waren im Sommer zwölf Vereine aus ganz Europa interessiert. Wie stellt man sich das ohne Berater vor? Soll der Teenager zu allen Klubs hinfliegen, sich die sportlichen Pläne anhören, Arbeitsverträge in Italien oder Spanien kennen, wissen, was ein marktgerechtes Gehalt für ihn ist und daneben auch noch die Schule machen? Viele Beraterkollegen machen einen großartigen Job und arbeiten für ihre Spieler rund um die Uhr.“ Das betrifft aber nicht nur den Spieler, der sich auf die Dienste seiner Berater verlässt. Auch vereinsseitig braucht das Ökosystem Fußball die Berater.

„Die Vereine können sich beispielsweise sicher sein, dass wir den Spielern die Vertragsdetails verständlich näherbringen“, meint der Spielerberater, „oder was ist, wenn ein Verein einen Spieler gerne verleihen möchte? Soll dann der aktuelle Verein alle Vereine Europas anrufen, die aus bestimmten Gründen zum Spieler passen könnten? Was ist mit festgeschriebenen Ablösesummen? Die sind oftmals nicht öffentlich bekannt, also woher sollen andere Klubs von dieser Transfermöglichkeit wissen?“ Somit sind alle Seiten auf möglichst gut ausgebildete Berater angewiesen, die diesen Job auch professionell machen. Aber exakt hier hakt es bei den Ideen der FIFA.

Provisionsprozent-Probleme

Denn: Der Großteil der Beraterprovision verfällt auf wenige Toptransfers. Die Beraterstars der Szene verdienen oft 10 Prozent am Jahresbruttogehalts des Spielers, bei manchen Transfers liegt die Prozentzahl auch deutlich darüber. Ab nun sollen es nur noch maximal drei Prozent sein. Freismuth verdiente im Schnitt bislang fünf bis zehn Prozent am Jahresbruttogehalt der Spieler, die bei Transfers oder Vertragsverlängerungen anfallen. Wenn es nun nur noch drei Prozent sind, muss ein Berater nach dieser Rechnung doppelt oder gar dreimal so viele Spieler betreuen. Darunter würde dann auch der Service für die Spieler leiden. Zudem würde es Berater in finanzschwachen Ligen unmöglich machen, den Job hauptberuflich nachzugehen – was wiederum deren Klienten, den Spielern, schaden würde.

Thomas Freismuth hat auch ein Buch geschrieben, das nun erhältlich ist. Es gibt tiefe Einblicke in seine Welt.

Eine Neuerung ist für Freismuth ebenso unverständlich: „Der Berater, der sich tagtäglich um einen Spieler kümmert, darf maximal 3 Prozent am Jahresbruttogehalt verdienen. Der Berater, der nur auf Seiten des abgebenden Vereins agiert (somit einem Verein hilft einen Spieler loszuwerden oder zu verkaufen), darf zehn Prozent an der Transfersumme verdienen. Warum der eine nur drei Prozent verdienen darf und der andere aber zehn, das kann mir seit zwei Jahren niemand erklären.“

Kleinere Agenturen könnten sich so kaum im Wettbewerb bewegen und wenige große Agenturen würden eine Art Oligopol bilden. Klagen gegen die neue Regelung – sie könnte EU-Recht widersprechen – sind schon in Vorbereitung, und zwar von mehreren Seiten.

Das Beste rausholen

Egal wer am Ende wie viel zahlt, Aufgabe des Vermittlers ist stets den richtigen sportlichen Verein zu finden, aber auch das Beste für den Spieler herauszuholen. Dass der Spieler viel will, der Verein aber möglichst wenig zahlen möchte, gehört da natürlich dazu. Vor allem dort, wo es abseits der Europacup-Glitzerwelt nicht so viel Geld gibt. Für Thomas Freismuth liegt die Lösung ohnehin woanders: „Entweder man lässt den Markt hinsichtlich der Obergrenzen offen – so wie er sich bisher auch selbst reguliert und funktioniert hat. Es gibt ja auch keine Obergrenzen für Spielergehälter, Transfersummen, Sponsoringsummen, etc…
Oder der Spieler bestimmt, wie viel Provision an den Berater bezahlt wird – dann wären auch alle Berater gefordert, dementsprechenden Service ihren Spielern zu bieten.“

Abschließend sei gesagt: Natürlich gibt es im Beraterbusiness negative Beispiele. Aber die Spielerberater sind ein wichtiges Puzzleteil im Fußball und eine sinnvolle Reglementierung erscheint notwendig.

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