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Sichtbarkeit im Sport: „Die männliche Dominanz zieht sich noch immer durch“ [Exklusiv]

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Media Affairs hat den Sportmarkt ein Jahr lang beobachtet. Das Ergebnis hinsichtlich Sichtbarkeit in den Medien: 88 Prozent Herren, zwölf Prozent Frauen. Dabei liegen in der Diversität für Sponsoren und Medien viele Chancen. Es gehe für Maria Pernegger, Geschäftsführerin der Agentur, darum First Mover zu sein.

++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++

Der >> zehnte sportsbusiness.de-Breakfast Club powered by win2day im Juni dieses Jahres setze sich mit dem Thema Sichtbarkeit im Sport auseinander. Der Rahmen war die 3×3-Basketball-Weltmeisterschaft am Wiener Rathausplatz und das war passend. Denn dort spielten Männer, Frauen und Behindertensportler:innen auf derselben, großen Bühne. Etwas, was Sponsor win2day enorm wichtig war, was die Veranstalter auch gegenüber dem Basketball-Weltverband durchgesetzt haben. Diese gleich großen Bühnen für alle – beziehungsweise nicht nur für die Herren – gibt es leider in vielen anderen Sportarten nicht. Das war allen am Podium bewusst, so auch den mit Behindertensportler Andreas Onea diskutierenden Theresa Hornich (ehemalige österreichische Eishockeytorhüterin), Matthias Bogner (Generalsekretär des Österreichischen Behindertensportverbands), Johannes Wiesmann (General Manager bei Basketball Austria), Georg Wawer (Managing Director win2day) und Maria Pernegger (Geschäftsführerin Media Affairs). Wie krass die Gegensätze sind, berichtete Pernegger im Rahmen einer Keynote. Sogar im eigentlich allseits beliebten und hierzulande recht ausgeglichen wirkenden Skisport musste bei der WM 2021 von Media Affairs festgestellt werden: Es gibt ein starkes Missverhältnis. Obwohl Katharina Liensberger und Vincent Kriechmayr beide je zwei Goldene holten, verbuchte Kriechmayr fast 50 Prozent mehr Sichtbarkeit.

Unsichtbarkeit

Media Affairs fand noch unzählige Belege für solche Ungleichheiten. Einige Highlights: Bei Print-Coverstories waren beispielsweise zu 94 Prozent Männer abgebildet. Die untersuchten Printmedien (Kronen Zeitung, Kurier, OÖ Nachrichten, Standard, Kleine Zeitung, Tiroler Tageszeitung) berichteten zu 88 Prozent über Sportler. Doch auch im Bewegtbild gibt es einiges zu tun. Der ORF zeigt in der Sendung „Sport Aktuell“ zu 85 Prozent Sportlern, in Sport am Sonntag sind es „nur“ 73 Prozent. Es wurden auch sportbezogene Social Media-Kanäle untersucht, dort kommen Frauen nur auf sieben Prozent. Sehr ungleich verteilt ist etwa auch die Fußballberichterstattung in „Sport Aktuell“. Auf fünf Minuten Fußballerinnen kommen vier Stunden und zwölf Minuten Herren. Darüber hinaus werden über die Mediengattung hinweg Frauen acht Mal häufiger sexualisiert dargestellt. Auch eine Trivialisierung (z.B.: „Madln“, „Freundin von“) kommt 13 Mal eher vor als bei den Herren.

Frauenfußball ist ein gutes Beispiel. Wenn Frauen aber die großen Stadienfüllen, wenn sie zur Hauptsendezeit laufen, wenn es ein attraktives Event gibt, gibt es sehr wohl ein großes Interesse.

Maria Pernegger, Geschäftsführerin Media Affairs

Diese Umstände liegen auch an den Medien selbst. Drei Prozent Redakteurinnen berichten zu 31 Prozent über Sportlerinnen, während die männlichen Kollegen dies nur zu elf Prozent tun. Das schlägt sich alles in den Sponsoringdeals nieder. Vor der Pandemie fielen weltweit sieben Prozent der Sponsorengelder auf Frauen. Das ist über Corona noch gesunken.

„Es gibt einen Zusammenhang zwischen Sport, Wirtschaft und Medien“, attestiert Pernegger. Das betrifft im Übrigen auch Parasportler:innen. Während 18 Prozent der Österreicher:innen mit einer Behinderung leben, befassen sich nur 0,3 Prozent der Medienberichte mit Parasport. „Es braucht echte Aktionen, nicht nur Worte“, fordert sie. Ihr Tipp an die Wirtschaft: „First Mover zu sein, ist ein Vorteil. Das generiert Glaubwürdigkeit. Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus!“ Unternehmen buttern, so die Geschäftsführerin weiter, Millionen Euro ins Sportsponsoring. Sich nur auf Männer zu konzentrieren, sei da zu wenig. Leider gilt: „Viele schwimmen mit der Masse.“ sportsbusiness.de hat Maria Pernegger zu einem vertiefenden Interview gebeten.

„Ich predige immer Sichtbarkeit“

sportsbusiness.de: Welche Rolle kann Sport für Frauen bzw. Diversity spielen?

Maria Pernegger: Sport ist omnipräsent, mit den Vereinen bis in den kleinsten Ort. Egal, ob man aktiv Sport ausübt oder passiv Sportübertragungen ansieht. Sport ist präsent und weil das so ist, hat es auch diese Massenwirkung. Er bildet unsere Gesellschaft ab: Wie ist man aufgestellt, was sind die Themen? Gerade weil Sport so wichtig, präsent und verbreitet ist, kann Sport auch ein Gamechanger sein, wenn es um Themen wie Inklusion oder Diversity geht. Momentan gibt es noch sehr wenig, egal ob Geschlechterdiversität oder Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung im Sport.

sportsbusiness.de: Welchen Effekt auf Sichtbarkeit haben Events, die diese Themen hochhalten, sei es eine Frauenfußball-Euro, der aktuelle Pridemonth oder ähnliches?

Pernegger: Wie wird über Sport berichtet? Es gibt den Unterhaltung- und Informationscharakter. Es braucht aber immer einen attraktiven Rahmen. Bei typischen Massensportarten, wie bei uns Fußball, ist der Rahmen gegeben, bei anderen gibt es das nicht. Frauenfußball ist ein gutes Beispiel. Wenn der Rahmen attraktiv genug ist, wird sehr wohl das Interesse geschaffen. Bis vor wenigen Jahren wurde gesagt, dass das niemanden interessiert. Wenn Frauen aber die großen Stadien füllen, wenn sie zur Hauptsendezeit laufen, wenn es ein attraktives Event gibt, gibt es sehr wohl ein großes Interesse. Dann springt auch Google auf als Sponsor. Es braucht Rahmenbedingungen, dann kann sich etwas entwickeln.

Wir sehen im Pridemonth dasselbe wie auch beim Weltfrauentag. Da sagen alle etwas dazu und die restlichen 364 Tage im Jahr nicht. Wenn ich nicht glaubwürdig bin, wird auch das Sponsoring nicht erfolgreich sein.

Maria Pernegger

sportsbusiness.de: Aber warum klappt es in Österreich nicht, die größten Stadien mit Frauenfußballfans zu füllen?

Pernegger: Es heißt, es interessiert niemanden. Darum spielen wir nicht im Ernst-Happel-Stadion, sondern in einem kleinen Stadion. Es braucht ein Commitment, dass es in der Primetime laufen soll. Wenn die Sponsoren das wollen und die Wirtschaft aufspringt, dann wird sich sehr schnell etwas ändern. Beim Damenskispringen war es lange Zeit so, dass Skispringerinnen Vorspringerinnen waren oder Tage später, ohne dass Medien vor Ort waren oder übertragen wurde. Mittlerweile hat sich einiges getan, die Verbände sind aktiver geworden. Vielleicht gab es auch Druck über das Sponsoring.

sportsbusiness.de: Gibt es Fallstricke? Wie schafft man Glaubwürdigkeit?

Pernegger: Wir sehen im Pridemonth dasselbe wie auch beim Weltfrauentag. Da sagen alle etwas dazu und die restlichen 364 Tage im Jahr nicht. Wenn ich nicht glaubwürdig bin, wird auch das Sponsoring nicht erfolgreich sein. Da muss die Wirtschaft auch in anderen Bereichen ansetzen. Wenn ich im Sportsponsoring mehr Frauen unterstütze und im Topmanagement nur Männer hab… in den Top200 Unternehmen haben wir im Topmanagement einen Frauenanteil von um die zehn Prozent. Man muss es aber quer durch die Bank leben.

sportsbusiness.de: Sehen Sie sich als Vorbild?

Pernegger: Ich predige immer, wie wichtig Sichtbarkeit ist und lebe das selbst auch. Ich weiß, dass Sichtbarkeit Wirkung zeigt und etwas bringt, wenn man sich authentisch und gut präsentieren kann. Darum geht es auch im Sponsoring.

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