Am 10. und 11. Dezember 2022 feierten die Ski Classics in Sportgastein ihre Premiere. Für die Wintersportregion der Auftakt, um die Saison zu verlängern und sich zu positionieren.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++
Bereits 1958 fuhr Toni Sailer in Bag Gastein den Graukogel runter, später gab es die Silberkrugrennen für die Damen, von den 1960ern bis in die 80er. Heutzutage schauen die Snowboarder vorbei. Obwohl Bad Gastein in die Skiwelt amadé eingebunden ist, macht der professionelle Wintersport abseits von Snowboard um den geschichtsträchtigen Ort einen Bogen. Sich wieder auf die Landkarte zu setzen, das war gar nicht so einfach. Die Tourismusdestination zog ein Rennen der Ski Classics an Land, das im Dezember 2022 erstmals stattfand und noch mindestens zweimal stattfinden wird. Warum es just Langlaufen wurde, um sich (neu) zu positionieren, erklärt Lisa Loferer, Geschäftsführerin des Kur- und Tourismusverbands Bad Gastein, im sportsbusiness.de-Interview.
Der Anfang
„Wir wurden von Ski Classics kontaktiert und sind dann auf Atomic zugegangen“, erzählt Loferer. So hat man dann Gespräche aufgenommen, in weiterer Folge wurde ein Vertrag über drei Jahre unterzeichnet. Danach ging es auf Partnersuche und mit Atomic hat man über den Umweg Schweden auch einen gefunden. Dabei sprachen Loferer und ihr Team zuerst mit Atomic Schweden, weil es im Ort einige Hotels mit schwedischen Eigentümern gibt bzw. die von skandinavischen Reisebüros geführt werden und Nordischer Sport – wie der Name schon sagt – in Skandinavien sehr groß ist: „Wir wurden von den schwedischen Kolleg:innen wieder zurück an Atomic Österreich verwiesen und konnten die Kooperationsgespräche finalisieren.“ Eine Win-Win-Situation für alle Seiten. Nebst monetärer Unterstützung gab es gemeinsame Marketing-Aktivierungen auf Social Media, per Newsletter sowie ein Handelspartner-Meeting vor Ort.
Dabei ging man in die Tiefe: So wurden etwa vier Athleten auf ihrem Weg zum Start in Gastein begleitet, durch Atomic Langlauf-Ausrüstung, ein Suzuki-Auto mit Branding, einem professionellen Vorbereitungsprogramm, Leistungstest, Ernährungs- und Trainingsplan, Langlauf-Training und alles, was man sich vorstellen kann. Das wurde natürlich auf einem eigenen Blog und Facebook sowie Instagram hergezeigt, um Awareness in der Zielgruppe zu schaffen, über die Sommermonate Sehnsüchte zu wecken und die starke Verbundenheit von Atomic und Bad Gastein zu zeigen. „Speziell im D-A-CH-Raum ist es Atomic wichtig, dass sie noch einen Zuwachs haben. Da sehen sie mit unserer Veranstaltung große Chancen“, resümiert Loferer.
Gute Medien-Coverage
Wer bei den Ski Classics dabei ist, ist in Schweden, Finnland, Norwegen, Tschechien, Polen zwei Tage lang vier Stunden im Fernsehen präsent. Sportsender von Kanada bis in die Türkei übertrugen ebenfalls. „Das ist sehr viel“, erzählt Loferer, „Im Vertrag enthalten ist ja neben der Übertragung der Events selbst auch die Möglichkeit, die Region zu präsentieren.“ Es gebe nichts Besseres, als zu Beginn der Saison diese Bilder in die Welt raus zu schicken, vor allem, weil die Urlaubsbuchung immer kurzfristiger wird.
In Zahlen gegossen zeigt sich der Erfolg der Gastein Classics: über 22 Millionen Euro Medienwert wurden national und international erreicht. Deutlich über hundert Artikel erschienen Print- und Online, mit einem klar sechsstelligen Medienwert: „Es gibt ganz große Skiweltcupveranstaltungen, die uns hinsichtlich Mediawert nicht das Wasser reichen können.“ Wichtig dabei ist natürlich auch, die passenden Testimonials zu haben: „Die Ski Classics liefern die Proathleten. Sie bringen sehr bekannte Athleten aus Skandinavien. Allerdings sind die bei uns nicht so bekannt. Medial hat es einen Vorteil, einen Bernhard Gruber als OK Mitglied oder einen Petter Northug im Starterfeld dabei zu haben. Wir sprechen mit unseren Partnern und, dass Atomic einige Topathleten aus ihrem Pool mitgenommen haben.“ .“ Die Botschafter, meint sie, sind essenziell – für das Event und um sich in der Szene einen Namen zu machen.
Die Zukunft
Man könne aber erst nach drei Jahren sagen, was die Events „gebracht“ hätten. „Nichtsdestotrotz sind wir rundherum extrem viel angesprochen worden, auch vom ÖSV“, so Loferer. „In der Langlaufszene haben wir auf jeden Fall einen großen Schritt nach vorne gemacht. Im Sinne von Übernachtungen, der Wertschöpfung, dass mehr Betriebe früher öffnen, haben wir noch Luft nach oben und das wollen wir in den nächsten Jahren bearbeiten.“
Es geht also um die Zukunft. „Nachdem Sportgastein sehr hoch liegt, sind wir quasi schneesicher“, blickt sie ebendort hin. Aber darüber müsse man mehr reden, gerade auch wegen des Langlaufangebots. In Sportgastein musste noch nie Kunstschnee produziert werden, ist es in Österreich noch grün, kann in Sportgastein schon gelaufen werden. Auch wenn die Winter schneesicher sind, so geht es darum, ein zusätzliches Angebot zu schaffen.
„Die Zukunft des Wintertourismus ist nicht mehr nur Skifahren“, stellt sie klar, „natürlich kommen unsere Gäste deswegen, aber wir sehen, dass wir jedes Jahr einen massiven Zuwachs an Ticketverkäufen beim Langlaufen haben. Viele gehen nicht mehr nur Alpin fahren, sondern drei Tage Alpin, zwei Tage Langlaufen.“ Speziell bei Familien sei das so, weil Skifahren auch teuer ist. Langlaufen ist eine „super Alternative, es gibt das Wintererlebnis mit Piste, Hütte und dem Drumherum um weniger Geld.“ Sie sei davon überzeugt, dass es richtig ist, Wintertourismus neu und kreativ zu überdenken.
Lob von allen Seiten
Die Region ist begeistert von dem Event und die Wirtschaftstreibenden machen das ihre, damit das im ganzen Jahr so bliebt. „Wir im Team waren recht rasch überzeugt, dass das eine coole Sache ist und wir alles in unserer Macht mögliche tun müssen, um das umzusetzen“, bilanziert sie. Man habe entsprechende Vorarbeit geleistet und dann haben die Gremien eben einstimmig beschlossen: „Es gab auch Lob von der Politik und mein Team hat gemeint, dass sie fühlen, dass ganz Gastein stolz ist, wieder Austragungsort einer so einer großen zusätzlichen Winterveranstaltung zu sein.“
„Bad Gastein hat den großen Vorteil, dass wir mit den ortsgebundenen Heilmittel, dem Thermalwasser, dem Heilstollen auch Gesundheitstourismus haben, dadurch sind viele Betriebe schon ganzjährig geöffnet“, sagt sie abschließend und ergänzt: „Wir verlängern so und mit anderen Maßnahmen wie unseren Yoga-Tagen im Herbst und Frühjahr, unsere Saison. Das ist einerseits für die Region wichtig, andererseits für die Arbeitskräfte.“ Das ist Weitblick für die Region, Wirtschaftstreibende und Arbeitskräfte, wie ihn Bad Gastein versteht.