Läuft der Sport im Fernsehen, dann geht es ihm besser als ohne. Bewegtbildpräsenz ist wichtig, bringt Geld und befriedigt Sponsoren. Doch wie lange sind Ligen und Events derzeit am gewohnten Platz im TV zu sehen und welche Rolle spielen digitale Medien?
sportsbusiness.de Exklusiv – Von Georg Sander
TV-Präsenz ist für Sportverbände und Ligen eine der wichtigsten Säulen, wenn es um essentielle Einnahmen geht. Noch dazu, wenn wie gerade jetzt in Corona-Zeiten Zuschauer oftmals vor Ort nicht erlaubt sind. Mit einem TV-Vertrag im Rücken lässt es sich eben leichter für die Zukunft planen.
Apropos Zukunft: sportsbusiness.de bietet einen Überblick, wie Vereine, Verbände, Events und Ligen mit den Herausforderungen der Zeit umgehen. Ein Trend ist klar: Die Zukunft ist digital! Doch was bedeutet dies für Fußball, Eishockey, Handball, Tennis & Co?
Die großen Zwei
Österreich ist bekanntlich eine Nation, die zwischen Skisport und Fußball gefühlt aufgeteilt ist. Diese beiden Sportarten erfreuen sich durchaus lukrativer TV-Deals. Und bis vor einiger Zeit war es auch relativ einfach zu wissen, wer wo was zeigt. Skifahren läuft im ORF und Fußball auf Sky und ORF. Doch so einfach ist das nicht mehr, denn vor allem Servus TV hat mittlerweile einen großen Fuß in der Türe. Aber der Reihe nach.
Die Herren-Bundesliga sieht man bekanntlich exklusiv bei Sky, genauso wie alle Europacupspiele der UEFA. Allerdings gibt bei der Champions League (Servus TV) und Europa- bzw. Europa Conference League (ORF) noch Sublizenzierungen. Die Spiele der Frauen-Bundesliga und des ÖFB-Cups laufen im ORF bzw. auch auf ÖFB-TV. Und auch die ÖFB-Länderspiele waren bisher exklusiv auf ORF zu sehen. Doch Servus TV investierte zuletzt kräftig und hat sich die exklusiven TV-Übertragungsrechte der UEFA an der Euro 2024 und der Euro 2028 gesichert. Der Red-Bull-Sender zeige zudem „die besten Qualifikationsspiele“ der österreichischen Nationalmannschaft in der Qualifikation für die EM 2024, EM 2028 und WM 2026. Dem ORF verbleiben wiederum 42 Länderspiele der Herren bis 2028, darunter die UEFA Nations League und Spiele der EM-Quali 2024 bzw. 28 sowie für die WM 2026. Die Rechte an der WM 2022, auf eine Teilnahme der Herren gibt es noch eine Chance, liegen ebenfalls beim ORF.
FIS Skirennen in Österreich werden bis wiederum 2026/27 vom ORF gezeigt, die Rennen im Ausland bis 2026. Die Weltmeisterschaften bis 2025, sowohl alpin, als auch nordisch, werden ebenfalls im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sein. Die kommenden Olympischen Winterspiele werden genauso wie die Sommerspiele 2024 ebenfalls im ORF laufen. Im Zuge des Ausschreibungsverfahrens der FIS-Rechte sicherte sich neben dem ORF auch Servus TV ein umfangreiches Rechtepaket, welches neben Highlight-Rechten auch die erstmals ausgeschriebenen Near-Live-Clip-Rechte umfasst und dadurch auch eine verstärkte Vor-Ort Präsenz bei den Veranstaltungen in Österreich garantiert.
Zweiteilung im Eishockey
Von so langfristigen Verträgen können andere Sportarten zugegebenermaßen nur träumen. Ein Rundruf zeigt, dass es für andere Ligen, Verbände und Events nicht ganz so leicht ist.
Eishockey steht dem Fußball in vielen Punkten wenig nach. Der Verband ÖEHV hält sämtliche TV- und Online-Rechte für die A- und Nachwuchs-Nationalteams im Para-, Damen- und Herreneishockey. Das Signal kann ans Ausland verkauft werden, wie Verbandspressesprecher Markus Riedlmayer gegenüber sportsbusiness.de festhält. Die Rechte der rot-weiß-roten Nationalteam-Eishackler werden in Partnerschaft mit ORF und Laola1.at verwertetet.
„Mit dem ORF und Laola1 stehen dem ÖEHV langjährige zuverlässige Partner zur Seite, die Übertragungen in höchsten internationalen Standards garantieren und für eine umfangreiche Berichterstattung sorgen“, erklärt Riedlmayer Besonders erfreulich aus Sicht des Verbandes: Die Erfolge des U20 Herren-Nationalteams mit der Teilnahme an der U20 A-WM in Kanada sowie des Damen-Nationalteams bei der Olympia-Quali sorgten dafür, dass der Fokus nicht alleine auf dem A-Nationalteam der Herren liegt. So konnte man seine TV-Präsenz sukzessive ausbauen und das soll auch weiter gehen. Im Fokus steht hier in erster Linie das Dameneishockey, um den Partnern und Sponsoren zusätzliche Präsenz und Werbewerte zu ermöglichen. Weiters will man die Spiele der Para-Mannschaft ins TV bringen.
In Bezug auf die Nationalteams stellt Riedlmayer klar: „Die Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Rechte stehen bei uns nicht an erster Stelle. Viel wichtiger ist es, den ÖsterreicherInnen den Eishockeysport näherzubringen, die Kinder und Jugendlichen für diesen tollen Sport zu begeistern und unseren Partnern die bestmögliche mediale Präsenz zu verschaffen.“
Anders sieht es im Klubeishockey, genauer gesagt der win2day ICE Hockey League aus. Hierbei wird aufgeteilt zwischen Pay- und Free-TV, wie die Liga mitteilt: „Der Privatsender PULS 24 ist der Hostbroadcaster der win2day ICE Hockey League. Bei den internationalen Liga-Standorten Ungarn (Digisport), Südtirol (video33) und Slowenien (mehrere TV-Partner) sind weitere Free-TV-Rechte vergeben.“ Die Vertragslaufzeiten sind unterschiedlich. Der Vertrag mit PULS 24 läuft bis zum Ende der Spielzeit 2022/23. Zudem besitzt der Sender eine Option auf zwei weitere Spielzeiten.
Bei den internationalen Klubs wird der TV-Markt jährlich neu evaluiert. Zudem werden Spiele auf der Liga-Plattform live.ice.hockey oder auf den Club Homepages als Pay-per-View-Livestream angeboten. Alle Bewegtbildausspielungen wären wichtig, wegen der Präsenz des Eishockeysports bzw. des Medienwert einerseits, andererseits aber auch wegen der Erlöse aus Lizenzrechten. Die Liga hält zudem einen wichtigen Wert, der oftmals Gegenstand von Diskussionen ist, fest: „Die Grundsatzentscheidung für die Zukunft ist immer das Verhältnis zwischen Free- und Pay-TV. Entscheide ich mich für Reichweite (Free-TV) oder für Maximierung der Erlöse (Pay-TV) oder einer sinnvollen Mischung Free- und Pay-TV? Ebenso, ob alle Spiele im TV/Streaming verfügbar sein sollen oder nur ausgewählte Spiele. Natürlich sind wir immer daran interessiert, die bestmöglichen Erlöse, kombiniert mit hoher Reichweite zu generieren. Mit PULS 24 sind wir gerade in Österreich sehr gut aufgestellt.“
Auch Handball zweigeteilt
Auch im Handball gibt es eine Aufteilung zwischen Nationalteam und Liga. „Die Nationalteamspiele der Männer und Frauen sind über unseren langjährigen Partner ORF abgedeckt. Heimspiele werden zusätzlich im Livestream über LAOLA1 ausgestrahlt. 2021 war aus ÖHB-Sicht ein äußerst erfolgreiches, da beide Nationalteams, Frauen und Männer, an der WM teilnahmen. Hinzu kamen diverse Qualifikations- und Freundschaftsspiele. In Summe strahlte der ORF 28 Spiele mit österreichischer Beteiligung aus, plus weitere Partien von den beiden Weltmeisterschaften wie z.B. die Semifinali und das Finale“, erklärt Christoph Joklik, Geschäftsführer der ÖHB Marketing und Veranstaltung GmbH.
Hervorgehoben werden die Livespiele auf ORF1: „Damit ist uns ein großer Schritt gelungen. Vor allem wurde bei der Weltmeisterschaft im Dezember erstmals ein Spiel des Frauen-Nationalteams auf ORF1 übertragen. Quoten bis zu 300.000 Zuseher untermauern das Interesse am Handball. Auf Nationalteam-Ebene hoffen wir, diese Präsenz weiter auszubauen und vermehrt Spiele auf ORF1 zu sehen. Hinsichtlich der nationalen Bewerbe, also der Männer und Frauenligen und dem ÖHB-Cup, hat sich die TV-Präsenz in den letzten Jahren ebenfalls enorm positiv entwickelt. Ziel ist es, diese weiter auszubauen und in Zukunft auch Spiele aus den nationalen Bewerben auf ORF1 etablieren zu können.“
Wie sieht dazu die rechtliche Lage im Detail aus? Laut Verband besitzt der ÖHB sämtliche Rechte für die Heimspiele der Nationalteams. Neben freundschaftlichen Länderspielen zählen dazu auch die Qualifikationsspiele zu Welt- und Europameisterschaften. Außerdem liegen die Rechte für den ÖHB-Cup ebenfalls beim Verband. Bei Auswärtsspielen, inklusive WM-Qualifikation, liegen die Rechte beim jeweiligen Gastgeberland. Bei Auswärtsspielen in der EURO-Quali liegen die Rechte beim europäischen Verband EHF, bzw. deren Agentur Infront, die auch die Rechte für die Europameisterschaften selbst halten. Hier hat der ORF bereits bis inklusive 2024 die Übertragungsrechte erworben. Bei Weltmeisterschaften hält der internationale Verband IHF und dessen Agentur sportfive die Rechte. Aktuell sind der ÖHB und der ORF dabei, einen Vertrag für mindestens weitere drei Jahre auszufertigen, der weitere Planungssicherheit für beide Seiten bedeutet. Speziell in Hinblick auf die erste Heim-EURO der Frauen im Dezember 2024.
Enorm ausgebaut wurde in den vergangenen Jahren die TV- und Livestream-Präsenz der HANDBALL LIGEN AUSTRIA. Während der Pandemie machte man aus der Not eine Tugend und erfreute sich über ein Rekordjahr. HLA-Geschäftsführer Christoph Edelmüller erklärt im Interview: „Für die HLA MEISTERLIGA und die HLA CHALLENGE verfügen wir über vier TV- und Streamingpartner. Allen voran unsere langjährigen Premiumpartner ORF und LAOLA1. Hinzu kommen K19, bundesweit via A1- und Magenta-TV empfangbar, sowie die Kleine Zeitung. In der Vorsaison bestand zudem eine Partnerschaft mit krone.tv. 20 bis 25 Spiele pro Saison verfallen auf den ORF, 25 bis 30 auf LAOLA1, womit über unsere Premiumpartner bereits mehr als 50 Spiele und damit rund ein Drittel aller Spiele abgedeckt werden.“
Die weltweiten Exklusivrechte mit dem ORF und LAOLA1 laufen noch bis 2023. Mit K19 und der Kleinen Zeitung konnte man zu Beginn der Saison ebenfalls einen Zweijahresvertrag ausverhandeln, wobei sich K19 auf den Westen mit Bregenz, Hard und Schwaz konzentriert und die Kleine Zeitung auf den Süden mit Graz, Bärnbach/Köflach, den BT Füchsen und Ferlach. „Im abgelaufenen Kalenderjahr wurden so 98 Spiele im TV oder via Livestream gezeigt“, erläutert Christoph Edelmüller. Und es soll weiter nach oben gehen: „85 der 98 Spiele entfielen auf die HLA MEISTERLIGA. Das sind mehr als 50 Prozent aller Spiele und eine beachtliche Zahl. Aber wir wollen mehr und wollen uns schrittweise Richtung 100 Prozent orientieren. Dafür ist ein Projekt in Planung für einen flächendeckenden Stream in beiden Ligen mittels KI-Kamerasystemen.“ Dabei spielt auch das Thema OTT-Plattform eine wesentliche Rolle. Aktuell stellt man Anschubfinanzierungen für weitere Förderungen auf, Christoph Edelmüller: „Wir haben im Handball viele Jahre in das Produkt „HLA“ investiert. Oberstes Ziel war und ist Sichtbarkeit und Reichweite. Dabei müssen wir viel bis nahezu alles selbst stemmen, da bei uns nicht wie bspw. im Fußball Millionen Euro an Übertragungsrechten fließen.“
Basketball auf der Suche
Automatisierte Kameras spielen auch in der Basketballliga eine Rolle. Die Rechtesituation in der bet-at-home Basketball Superliga sieht aktuell wie folgt aus. Sky Sport Austria hält die exklusiven Rechte im DACH Raum an allen Spielen, sowohl für lineare TV-Übertragung als auch für Streaming. Pro Runde wird ein Spiel für lineares TV produziert. Über eine Sublizenz vergibt Sky an den ORF das TV-Übertragungsrecht von 15 dieser Spiele. Diese 15 Spiele werden dann also sowohl auf Sky als auch auf ORF Sport+ übertragen. Alle anderen Spiele werden über ein automatisiertes Kamerasystem produziert und live auf skysportaustria.at gestreamt. „Der aktuelle Vertrag läuft mit Ende dieser Saison aus“, erklärt Liga-General Manager Johannes Wiesmann, „die Basketballliga war 15 Jahre lang ausschließlich im Pay-TV zu sehen. Dadurch konnten hochqualitative Produktionen garantiert und wichtige Rechteerlöse erzielt werden, was für die Entwicklung der Liga und der Vereine sicher sehr wichtig war.“
Gleichzeitig, so Wiesmann, war die Sichtbarkeit des Premiumprodukts des heimischen Basketballs dadurch aber auf einen gewissen Personenkreis beschränkt. „Mit der Wiedereingliederung der Liga in den Basketballverband war klar, dass wir dieses geschlossene System aufweichen wollen“, erklärt er dazu, „Das ist uns mit dem umfangreichen Streamingangebot und der Sublizenz an den ORF gelungen. Das war ein erster wichtiger Schritt, aus dem wir wichtige Learnings für die Zukunft gezogen haben, die in der Ausschreibung für die neue Rechteperiode implementiert werden. Die Mischung aus linearen Free-TV und Streaming hat sich jedenfalls etabliert.“
Auch Einzelevents brauchen TV-Präsenz
Doch nicht nur der Mannschaftssport und das Skifahren benötigen TV-Präsenz. Auch Einzelevenets wie Tennisturniere sind logischerweise um möglichst viel Bewegtbildpräsenz bemüht. Etwa die Herren-Tennisturnier Erste Bank Open in Wien und das Turnier in Kitzbühel. „Internationale Rechte der 1000er und 500er werden zentral über ATP Media vermarktet, die nationalen Rechte auf der Ebene der 500er vom jeweiligen Veranstalter selbst, also für die Erste Bank Open von uns“, erklärt Herwig Straka vom Veranstalter Emotion Group. Für diese Bereiche habt amnmit ServusTV einen Host Broadcaster-Vertrag abgeschlossen und Teile der Rechte auch an den ORF lizenziert, beides mit langer Laufzeit.
Auch für Tennis geht es in Zukunft auch um digitale Verwertung: „Die Zukunft ist natürlich wie in allen Sportarten von der Transformation zu digital und sozial geprägt. Hier verfügt Tennis generell über ein sehr attraktives Produkt, weil es eine wirklich globale Sportart ist und von Jänner bis Dezember stattfindet.“ Der Fan bleibe also immer am Ball. Das Ziel im Tennis müsse es zudem sein die unterschiedlichen Touren (Herren, Damen, Grand Slams) in der medialen Vermarktung zu vereinen, um dem Fan das „Engagieren“ mit dem Sport möglichst einfach zu gestalten. Das betrifft auch die Einnahmengenerierung: „Wenn wir unsere Hausaufgaben gut erledigen werden sich die Einnahmen aus den Medienrechte weiter sehr positiv entwickeln.“
Marathon im ORF
Szenenwechsel zum Laufsport. Dort liegen die TV-Rechte des Vienna City Marathon beispielsweise beim ORF, der auch die Live-Übertragung produziert. Der Laufsport, so heißt es vom Veranstalter, zeige noch ein weiteres Detail auf, um das es hinsichtlich Sport und Bewegtbild geht, auf: „Die Zukunft von Marathons im TV sehen wir durch die Gemeinsamkeit von Spitzensport und Breitensport in diesem Event sehr gut. Nur wenige andere Sportereignisse können auf einer solchen Kombination aufbauen.“
Alles in allem bietet vor allem die Digitalisierung in allen Bereichen gute Möglichkeiten, Spitzen- und Breitensport abseits der großen zwei – Fußball und Skifahren – auf die Screens zu bringen. Die heimische Sportlandschaft hat, das zeigen die Beispiele, die Hausaufgaben zum Teil sogar schon erledigt.