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Vor der Schwimm-WM: „Wir sind keine Orchideensportart“ [Exklusiv]

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Von 14. bis 30. Juli finden im japanischen Fukuoka die Schwimm-Weltmeisterschaften statt. Arno Pajek, Präsident des Österreichischen Schwimmverbandes OSV, erhofft sich einige Medaillen und endlich auch weitere Sponsoren, wie er gegenüber sportsbusiness.de erklärt.

++ sportsbusiness.de exklusiv von Georg Sander ++

„Wir haben wirklich starke Leute“, weiß Arno Pajek beim Interview-Termin mit sportsbusiness.de. Der Schwimmverbandspräsident erhofft sich von Athlet:innen wie Felix Auböck, Simon Bucher, Lena Grabowski oder Anna-Maria und Eirini-Marina Alexandri Finalteilnahmen und natürlich auch Medaillen. 2022 in Budapest gab es zwei davon, zwei vierte, ein fünfter und ein sechster Rang unterstreichen, dass Österreich im Schwimmsport gut aufgestellt ist. Keine einfache Sache, wie Pajek erklärt: „Wir haben starke Leute, die gut drauf sind. Mehr Medaillen als in Ungarn wären gut. Aber wir befinden uns in einem sportlichen Umfeld mit sehr viel Konkurrenz, im Gegensatz zu – ich sage das höflich – der Orchideensportart Wintersport.“ Das klingt im Lande der Brettln hart, aber Wintersport macht eine Handvoll Länder, Schwimmen kann man auf der ganzen Welt. Bei den Olympischen Spielen gibt es zudem um eine Entscheidung mehr als in der Leichtathletik. Hierzulande ist die Sachlage dennoch umgekehrt. Der Wintersport ist die rot-weiß-rote Weltsportart, der Schwimmsport ist die Orchidee.

Einige Problemfelder

Womit kämpft der Schwimmverband nun, während die Athlet:innen wettkämpfen? Da wären zunächst einmal die Nachwirkungen des Förderskandals vor einigen Jahren. Die aktuelle Spitze rund um Pajek hat damit nichts zu tun, in den Köpfen vieler gibt es diese Verbindungen aber nach wie vor. Er und sein Team traten 2016, nach Aufdeckung des Skandals rund um jahrelangen Förderbetrug, an. Der in Wien wohnhafte gebürtige Innsbrucker achtet darauf: Nach der Matura am BORG der Theresianischen Militärakademie studierte er Rechtswissenschaften, ist seit 2005 selbständiger Rechtsanwalt. „Ich sage es deutlich: Das waren unsere Vorgänger, es ließ uns nicht gut dastehen. Zum Teil ist der Makel schon noch da. Allerdings haben wir – so wie es gehört – gnadenlos alles aufgedeckt und mitgeholfen“ Dazu kommt, dass einige sehr gute Athlet:innen in den letzten Jahren aufhörten. Die goldenen Zeiten mit Markus Rogan oder Mirna Jukic sind lang vorbei.

Keiner der österreichischen Athlet:innen kann vom Schwimmen gut leben, nicht einmal an der Spitze.

Arno Pajek, Präsident OSV

Doch damit nicht genug. „Keiner der österreichischen Athler:innen kann vom Schwimmen gut leben, nicht einmal an der Spitze“, stellt er klar. Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Das Heeressportzentrum oder der Weg übers Ausland, den Felix Auböck nahm. Er studierte zuerst in den USA, macht nun seinen Master in Großbritannien und findet so gute Trainingsmöglichkeiten vor. Die Situation in Österreich ist partiell eher trist, angefangen etwa bei der mehrjährigen Sperre des Stadthallenbads in Wien vor einigen Jahren bis hin zur nach wie vor inexistenten 50-Meter-Schwimmhalle in Innsbruck. So sei es schwierig, dass eine Breite entsteht, obwohl Österreich, das Land an der Donau und der wunderschönen Seen, eigentlich prädestiniert wäre, eine Wassersportnation zu sein. Wer nicht in der Nähe von Olympiazentren lebt, findet teilweise nicht einmal abgeleinte Bahnen für das Training vor. Es ist, wie in leider nicht wenigen Randsportarten in Österreich, Erfolg eher trotz der Umstände möglich. Selbst wenn es Erfolge gibt, sieht man diese zudem kaum.

Die Sichtbarkeitsfrage

„Mit der Sichtbarkeit haben nicht nur wir zu kämpfen. Lineares Fernsehen wird zwar weniger, aber ist noch immer wichtig“, weiß er und meint damit die Prioritätensetzung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Rodeln oder Damenskispringen wird im Fernsehen gezeigt, es gibt Sponsoren. Ein Beispiel: 2021 stand Lena Grabowski in Budapest im Finale, im Vorlauf war sie die schnellste. „Dann haben sie das von Sport+ auf den Livestream in der TVThek gelegt, weil ein 2. Liga-Fußballspiel war. Neulich wieder bei den European Games in Polen, da hat es das ÖOC nicht geschafft, dass wir live gezeigt werden und im Fernsehen lief dann Yoga“, zeigt sich Pajek etwas fassungslos, „Es ist halt nicht wichtig. Wichtig ist, dass man im Fußball gut ist und im Wintersport. Das, was schade ist an der Geschichte, ist, dass Schwimmen so eine gesunde Sportart ist, die für jeden was bringt und leider zu wenig gefördert wird. Wobei sagen viele ja so super wichtig, aber getan wird nichts.“ Zur Erinnerung: Die Alexandri-Schwestern holten zwei goldene Medaillen. Natürlich – wie etwa auch die Leichtathletik – kämpft man mit der Struktur der Sportart. Die Fernsehanstalten übertragen gerne zweimal 45 Minuten, das ist planbar. Skispringen hat sich etwa daran orientiert. Der Goldlauf von Felix Auböck in Abu Dhabi dauerte hingegen 3:35,90. Viele Sportarten mit punktuellen, kurzen Finali kämpfen mit diesen Umständen, die Vermarktung wird schwierig.

(c) zVg

Aber es ist eine „Grundsportart“ und mangelnde Sichtbarkeit hemmt den Nachwuchs und die Sponsorensuche. Nach oben gibt es natürlich keine Grenzen aus Sicht des OSV-Präsidenten, allerdings würden schon 150.000 Euro helfen, um zwei weitere Trainer zu beschäftigen. Ein Problem dabei: Die internationalen Schwimmverbände verbieten weitere Sponsoren. Internationale Topathlet:innen hätten individuelle Werbeverträge. Für Österreich schwebt Pajek etwas anderes vor: „Ich habe eine Idee: Was für mich ganz, ganz wichtig wäre in diesem Zusammenhang ist, dass man sagt, man versucht das Schwimmenlernen wieder mehr zu forcieren. Das wäre für Versicherungen interessant.“

Schwimmen ist gesund und sozial, man kann es von klein auf bis sehr alt machen – und wir sind dabei eigentlich recht erfolgreich! Wir suchen seit Jahren Partner, aber finden keine.

Arno Pajek

Man hat also einen klaren Plan. Derzeit gibt es Sponsoren-seitig eher eine Flaute. Mit Eva Air gibt es einen Partner im Bereich Flug. Bei der Ausrüstung kooperiert man mit Arena. „Wir sind seit jeher Partner auf individueller Athlet:innenebene und unterstützen den OSV direkt mit Produkten im Wettkampf und außerhalb des Pools seit 2018“, heißt es auf Anfrage von sportsbusiness.de, „Es gibt nach wie vor andere Sportarten, die mehr im Rampenlicht stehen. Der OSV macht hier aber einen guten Job. Eventuell wird durch die eine oder andere Medaille auf internationaler Ebene noch mehr geschehen.“ Als Partner erhoffe man sich „einen grundsätzlichen Schritt nach vorne, was die Medaillenausbeute betrifft, nachdem in den letzten Jahren die Grundlage gelegt wurde. Somit wird sicher auch die Medienpräsenz gesteigert, was dem Schwimmsport in Österreich guttun wird.“ Neben Polar gibt es sonst nur öffentliche Partner.

Hoffnung auf Fukuoka

Da sind sich alle einig: Es braucht vielleicht ein großes Testimonial, einen oder eine, die nun mehrfach die Hände in die Höhe reißt. Außergewöhnliche Leistungen heimischer Athlet:innen ziehen, wenn sie da sind, sei es Bouldern oder Radfahren. Dann kann der Verband auch das transportieren, was Schwimmen ist: „Schwimmen ist gesund und sozial, man kann es von klein auf bis sehr alt machen – und wir sind dabei eigentlich recht erfolgreich!“ Der Schwimmverband, so Arno Pajek, ist eben auf der Suche nach Partnern dafür: „Wir suchen seit Jahren Partner, aber finden keine.“

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