Im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.de spricht Wacker-Innsbruck-Präsident Hannes Rauch darüber, wie Wacker und Los Angeles zueinander gefunden haben, welchen Anteil die Amerikaner künftig übernehmen werden, welche Rolle Bayern München dabei spielt und wie sportliche Zusammenarbeit funktionieren soll. Das Ziel ist klar: Zurück in die Bundesliga und dort nicht nur hinten herumdümpeln.
++ sportsbusiness.de exklusiv – das Gespräch führte Michael Fiala ++
sportsbusiness.de: Wacker Innsbruck hat vor wenigen Wochen mit Los Angeles Football Club eine neue Kooperation bekanntgegeben. Wie ist es dazu gekommen?
Hannes Rauch: Ich habe den Verein nach dem Konkurs der GmbH mit Anfang Juli ´22 übernommen. Von Anfang an war aufgrund des hohen Schuldenstands klar, dass man als Amateurverein diesen nicht so schnell abbauen kann. Zudem ist es nicht der Anspruch von Wacker Innsbruck, permanent in diesem Zustand zu verweilen. Es hat daher mit einigen Investoren Kontakte gegeben und mit Los Angeles hatten wir kurz vor Weihnachten 2022 den ersten Kontakt. Die Verhandlungen sind dann im Jänner relativ schnell und intensiv gestartet worden. Die ersten Gespräche haben über Zoom stattgefunden und es war relativ schnell klar, dass wir konkret werden. Das Ganze hat mit den unterschriebenen Verträgen seinen Abschluss gefunden, die dann im Rahmen der Generalversammlung auch bestätigt wurden. Der Verein wird sich dadurch kurzfristig wirtschaftlich stabilisieren und hat auch aus sportlicher Sicht die Möglichkeit, sich zu entwickeln.
sportsbusiness.de: Wie ist man auf Los Angeles gekommen?
Hannes Rauch: Es ging über ein Fußballnetzwerk, den ersten Kontakt hatten wir über Bayern München, das ist kein Geheimnis. Los Angeles hat die Fühler ebenfalls nach Europa ausgestreckt. Die Bayern haben ja bekanntlich auch ein Joint Venture mit Los Angeles im Nachwuchsbereich.
sportsbusiness.de: Das heißt, es war zwar Wacker Innsbruck auf der Suche nach einem Partner, aber auch Los Angeles hatte von sich aus Interesse, mit Wacker Innsbruck zusammenzuarbeiten?
Hannes Rauch: Exakt. Warum sind wir als Wacker für Los Angeles interessant? Wir sind ein Traditionsverein und begehen unser 110-jähriges Jubiläum. Wir haben das Potenzial aufgrund der Stadt und Infrastruktur, künftig wieder Bundesliga zu spielen. All diese Faktoren haben für Los Angeles schnell die Entscheidung gebracht, konkrete Verhandlungen aufzunehmen.
sportsbusiness.de: Inwiefern sind Stadt und Land auch involviert gewesen?
Hannes Rauch: Die ersten Verhandlungsrunden fanden nur zwischen uns und Los Angeles statt. Als der Deal unterschriftsreif war, sind auch Vertreter von Los Angeles nach Innsbruck gekommen und wir haben dann im Sinne der Transparenz auch die Vertreter von Stadt und Land hinzugezogen. Wir haben natürlich ein Interesse, dass Wacker eine wichtige Rolle künftig spielt, und da geht es nur gemeinsam. Klar ist aber auch: Die Rahmenbedingungen können wir schaffen, aber sportliche Erfolge zu planen ist schwer. Die Partnerschaft ist natürlich auf mehrere Jahre angelegt, um diese Entwicklung zu ermöglichen.
sportsbusiness.de: Siems, Kienle, Ponomarew: In den vergangenen Jahren hat Wacker Innsbruck in Sachen Investoren sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Inwiefern hat diese Vorgeschichte bei den Gesprächen eine Rolle gespielt?
Hannes Rauch: Man muss die drei Investoren unterschiedlich bewerten. Es sind welche gewesen, die zum Teil bezahlt haben, einer hat nicht bezahlt. Die Amerikaner wollten klare Transparenz und das war auch wichtig. Dass es eine Grundskepsis gegenüber Investoren gab, ist klar und wurde auch von Los Angeles verstanden. Die Vertreter von Los Angeles haben sich intensiv mit unserer Geschichte auseinandergesetzt und die Due Diligence war sehr intensiv; wir wurden dabei auch von einer großen Anwaltskanzlei aus Wien begleitet. Das Ganze war auch ein Verhandeln auf Augenhöhe, das war sehr wichtig in diesen Gesprächen und hat sicher auch einen Ausschlag dazu gegeben, warum sich Los Angeles für uns entschieden hat. Es gibt sicherlich viele Vereine, die sich so einen Partner wünschen. Der große Vorteil ist, dass Los Angeles auch aus dem Sport kommt und daher die gemeinsame Basis stimmt.
sportsbusiness.de: Wie ist diese Kooperation nun genau aufgebaut?
Hannes Rauch: Wir haben auf der Generalversammlung in den Statuten diese Partnerschaft verankert, was im Sinne der Transparenz auch gut und notwendig war. Somit ist LAFC in den Statuten festgeschrieben. Der zweite Schritt erfolgt in den nächsten Wochen: Wir werden zwei Bereiche ausgliedern und eine klassische Sport-GmbH gründen, die für den Profibetrieb notwendig ist. Eine weitere GmbH wird gegründet, wo die Marketing-Agenden aufgehen werden.
sportsbusiness.de: Wie sehen die Beteiligungsverhältnisse dann aus?
Hannes Rauch: Das werden wir in den nächsten Wochen besprechen. Natürlich wissen wir, dass es für den Sport-Bereich eine 50+1-Regel gibt und damit ist eh schon alles gesagt.
sportsbusiness.de: Aber konkret gefragt: Das heißt, man wird in Richtung 49 Prozent gehen?
Hannes Rauch: Wir besprechen das noch im Detail, aber es wird so sein, dass unser Partner am Anfang sogar die Mehrheit der Kapitalanteile haben wird. Entscheidend ist für uns die 50+1-Regel dann, wenn es in Richtung 2. Liga oder Bundesliga geht. Die 50+1-Regel sagt ja aus, dass die Stimmenmehrheit beim Verein liegen muss, nicht aber die Kapitalmehrheit. Wenn LAFC die Mehrheit der Anteile hält, ist auch das Risiko entsprechend verteilt. Für uns war immer wichtig, dass der Verein auch in Zukunft eigenständig agieren kann, wobei natürlich klar ist, dass dies nur im Sinne einer gemeinsam gelebten Partnerschaft funktionieren kann. Das tollste gesellschaftsrechtliche Konstrukt hilft uns nichts, wenn es nicht mit Leben erfüllt wird. Die wirkliche Arbeit beginnt erst jetzt. Wir wollen künftig wieder Thema in den Sportschlagzeilen sein und nicht im Wirtschaftsressort.
sportsbusiness.de: Das heißt, neue Farben, neues Wappen, etc. wird es nicht geben?
Hannes Rauch: Nein, das war von Anfang an klar. Wir behalten unsere Identität, unsere Farben, unser Wappen. Wacker Innsbruck bleibt auch ein Mitgliederverein, die Zustimmung zur Partnerschaft per se war ja 100 Prozent und die Zustimmung zur Änderung der Statuten lag bei 98,4 Prozent. Die Mitglieder konnten die Vertreter von Los Angeles bei der Versammlung auch kennenlernen.
sportsbusiness.de: Wird Los Angeles auch als Sponsor in Erscheinung treten?
Hannes Rauch: Nein, das ist eine Partnerschaft mit einer Beteiligung. Im Sponsoring werden wir aber natürlich auch versuchen, Synergien zu nützen. So wie in anderen Bereichen wie Merchandising, Marketing etc. auch. Das wird dann auch in der Verantwortung des Klubs liegen.
sportsbusiness.de: Welche Ziele verfolgt denn Los Angeles mit der Kooperation?
Hannes Rauch: Die Amerikaner haben vor allem das Ziel, nicht nur auf dem amerikanischen Kontinent aktiv zu sein, sondern eben auch in „good old Europe“. Fußball ist bei uns Tradition, LAFC hat sich 2014 gegründet und spielt erst seit 2018 in der MLS. Fußball wird globaler und am Ende des Tages soll es auch einen starken Austausch im sportlichen Bereich geben. Und natürlich ist es auch attraktiv für Los Angeles, wenn man sich die Struktur unserer Admiral Bundesliga ansieht, weil nahezu 50 Prozent der Teams international qualifiziert sind. Wir haben somit eine gute Chance, Spieler auch international zu entwickeln und ihnen eine Plattform zu geben.
sportsbusiness.de: Die Unterstützung ist in erster Phase eine finanzielle und in weiterer Phase dann auch aus sportlicher Sicht zu verstehen…
Hannes Rauch: Genau, die Tiroler Liga wird für LAFC nicht so interessant sein. In den nächsten 2,3 Jahren werden wir natürlich schauen, dass wir eine Mannschaft zusammenstellen, die Großteils aus Tirolern bzw. grenznahen Spielern besteht. Der Ansatz ist aber klar: Die Mannschaft muss in der jeweiligen Liga um den Titel mitspielen können.
sportsbusiness.de: Wo soll Wacker in fünf Jahren spielen?
Hannes Rauch: Da sollte Wacker Innsbruck zumindest im bezahlten Fußball, also Profifußball aktiv sein: 2. Liga oder vielleicht sogar schon Bundesliga. Mit dieser Partnerschaft sollte es budgetär möglich sein, dass wir die Rahmenbedingungen dazu schaffen. Es wäre schon wünschenswert, dass wir ab jetzt jede Saison eine „Promotion“ abliefern, wie es die Amerikaner nennen, also den Aufstieg schaffen.
sportsbusiness.de: Blicken wir in die kommende Saison: Mit welchem Budget wird Wacker ausgestattet sein?
Hannes Rauch: Wir reden generell nicht über Zahlen, aber es wird ein Budget sein, dass gut sein wird. Wir haben übrigens mit LAFC die Budgets der kommenden Jahre für die entsprechenden Ligen bereits bis rauf zur Bundesliga besprochen, damit der Investor weiß, was notwendig sein wird.
sportsbusiness.de: Wir reden in der 2. Liga von einem mittleren einstelligen Millionen-Budget und in der Bundesliga geht es dann in den zweistelligen Millionen-Bereich. Das ist von LAFC so eingepreist?
Hannes Rauch: Exakt. Und unser Ansatz wird auch jener sein, dass wir aus finanzieller Sicht in der jeweiligen Liga nicht hinten herumdümpeln. Wir wollen uns auch in der Bundesliga an den Top 5 orientieren.
sportsbusiness.de: Wie sieht die Kooperation aus sportlicher Sicht aus?
Hannes Rauch: Es könnte schon ab der 3. Leistungsstufe dann interessant werden, dass wir die Kooperation auch aus sportlicher Sicht forcieren. Zunächst werden wir aber versuchen, mit lokalen Sportlern das Auslangen zu finden. Es gibt für das aktuelle Niveau genügend gute Spieler in unserem Umfeld. Die Kooperation ist übrigens kein One-Way-Ticket: Es kann auch sehr gut sein, dass wir Spieler in die USA geben. Und nicht nur Spieler, wir reden hier auch von einem möglichen Management-Transfer.
sportsbusiness.de: Der erste Kontakt ist über Bayern München gekommen. Welche Rolle spielt Bayern München in dieser Kooperation?
Hannes Rauch: Unser Vertragspartner ist LAFC. Alles andere wird die Zukunft zeigen. Das Joint Venture zwischen Bayern und LAFC hat mit Wacker Innsbruck an sich nichts zu tun.
sportsbusiness.de: Ist es auch Thema, dass die Infrastruktur, also das Tivoli-Stadion, in das Eigentum von Wacker Innsbruck übergeht?
Hannes Rauch: Das war am Anfang für das Verständnis von LAFC ein bisschen schwierig zu verstehen, dass Wacker Innsbruck das Stadion nicht besitzt. Die Amerikaner haben um mehrere hundert Millionen Euro ein eigenes Stadion errichtet. Da gibt es aber derzeit überhaupt keine Pläne in diese Richtung. Wir sind froh und dankbar, dass wir mit Land Tirol und Innsbruck mit der Olympiaworld einen Eigentümer haben. Ich denke, das wir auch so bleiben.
sportsbusiness.de: Spielt WSG Tirol in diesen ganzen strategischen Überlegungen eine Rolle? Immerhin hat die WSG derzeit die klare Nummer eins Position in Tirol? Es wäre ja nicht das erste Mal, dass man über eine Fusion nachdenkt …
Hannes Rauch: Wir konzentrieren uns zu 100 Prozent auf Wacker Innsbruck und schauen auf uns selbst. Was dann ein paar Kilometer ostwärts passiert, ist nicht unser Fokus. WSG performt gut in der Liga, aber wir konzentrieren uns nur auf uns. Mit unserem Partner haben wir eine Eigenständigkeit und alles andere ist kein Thema.
sportsbusiness.de: Jeder Investor will in irgendeiner Form auch etwas verdienen. Wie sieht das Modell aus Sicht von LAFC aus?
Hannes Rauch: Übers Verdienen haben wir bisher noch nicht gesprochen. Die Amerikaner sind Profis und wissen, dass es in den ersten Jahren darum geht, zu investieren und etwas aufzubauen. Wenn man klug investiert und Spieler entsprechend gewinnbringend verkaufen kann, kann man auch übers Verdienen nachdenken. Nur: Das Ganze ist so weit weg, dass es uns derzeit nicht zusteht, darüber nachzudenken, den Kuchen zu verteilen. Der Verein wurde gerade erst finanziell stabilisiert. Jetzt geht es in den kommenden Jahren um die sportliche Entwicklung. Wo wir dann in fünf Jahren sind, kann man nicht genau planen. Die Realität heißt derzeit Tiroler Liga.
Auf welchen Zeithorizont hat man sich mit LAFC zunächst verständigt?
Hannes Rauch: Wenn ich vorher davon gesprochen habe, dass wir die Budgets bis zur Bundesliga besprochen haben, dann kann man erahnen, welchen Zeithorizont es betrifft. LAFC hat es zuletzt klar gesagt: „We are here to stay“. Das sagt glaube ich alles aus. Es macht auch nur Sinn, wenn man dieses Projekt langfristig sieht.
Danke für das Gespräch!