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Was sich Wettanbieter von der WM in Qatar erwarten [Exklusiv]

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Für Wettanbieter ist eine Weltmeisterschaft  normalerweise das wirtschaftliche Highlight eines Jahres. Doch wie sieht es dieses Mal mit der umstrittenen Ausrichtung in Qatar aus? sportsbusiness.de hat Admiral, Interwetten, win2day und tipp3 dazu befragt.

In Branchenkreisen sagt man: Eine Weltmeisterschaft ist für einen Wettanbieter normalerweise wie ein 13. Umsatzmonat, wie das Weihnachtsgeschäft für den Handel. Zudem dient der Event vorzüglich dazu, Neukunden zu akquirieren. Kann die WM in Qatar diese Erwartungen auch erfüllen? Und wie geht man als Wettanbieter mit der Kritik an Qatar um?

sportsbusiness.de hat dazu mit Jürgen Irsigler (Admiral Sportwetten), Stefan Sulzbacher (Interwetten), Georg Wawer (win2day) und Philip Newald (tipp3) gesprochen.

Jürgen Irsigler, Geschäftsführer Admiral Sportwetten

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Mit welchen konkreten wirtschaftlichen Erwartungen geht man in diese WM?

Jürgen Irsigler: „Im Vorfeld ist es absolut vergleichbar mit Veranstaltungen in der Vergangenheit, wie zum Beispiel der Euro 2020, die vergangenes Jahr stattgefunden hat. Wir merken da keinen Unterschied am Interesse. Normalerweise ist so ein Großereignis aber auch eine sehr gute Möglichkeit, um Neukunden zu akquirieren. Dazu können wir aus jetziger Sicht noch nicht sagen, wie es sich entwickeln wird. Bezüglich des Geschäfts in unseren Wettlokalen glauben wir, dass uns die Jahreszeit sogar entgegenkommen wird. Es gibt keine Public Viewings, keine Outdoor-Veranstaltungen – daher gehen wir davon aus, dass es hier ein gesteigertes Interesse geben könnte, die Spiele in unseren Lokalen zu verfolgen. Generell ist das letzte Quartal die stärkste Jahreszeit für einen Wettanbieter: Meisterschaften, Europa-Cup, etc. – es ist Hochbetrieb. Fußball ist zudem die wichtigste Sportart für einen Wettanbieter. Wir kommen von einem sehr hohen Niveau, weil die Pause vor der Weltmeisterschaft sehr kurz war und kein Bruch zu erwarten ist. Wir sehen es insgesamt als Chance und nicht als Nachteil.“

Wie ist das Wettverhalten im Vergleich zu anderen Großturnieren in der Vergangenheit?

„In den ersten Tagen seit Beginn der WM ist die Anzahl der abgegebenen Wetten vergleichbar mit der EM im letzten Jahr. Die Sensationssiege von Saudi-Arabien oder Japan sind für Wettanbieter sehr erfreulich, denn von diesen Überraschungen leben die Wettunternehmer.“

In den ersten Tagen seit Beginn der WM ist die Anzahl der abgegebenen Wetten vergleichbar mit der EM im letzten Jahr.

Jürgen Irsigler

Wie geht man als Unternehmen mit der Thematik und der vielen Kritik an Qatar um?

„Wir sind mit dem Thema relativ frühzeitig befasst worden, da wir gemeinsam mit dem ÖFB und allen anderen Partnern diskutiert haben, wie wir damit umgehen sollen. Anfang 2021 haben wir entschieden, falls sich unser Nationalteam für die WM qualifizieren sollte, dass wir uns als Sponsor sehr zurückhalten werden. Es war klar, dass wir vor Ort in Qatar keinesfalls sein werden, um ein Signal zu setzen. Österreich hat sich zwar nicht qualifiziert, aber wir haben auch im Gegensatz zu anderen Großevents keine Aktivitäten wie Fanreisen gesetzt.

Der Fehler ist sicherlich 2010 bei der Abstimmung passiert. Wir wissen heute, wenig überraschend, dass extrem viel Einflussnahme passiert ist und Korruption eine  Rolle gespielt hat.

Ein Boykott war nie ein Thema und kann auch kein Thema sein, wir haben letztendlich eine Verantwortung dem Unternehmen und den Mitarbeitern gegenüber. Die Weltmeisterschaft ist unser absolutes Highlight in diesem Jahr, man kann es vergleichen wie das Weihnachtsgeschäft für den Handel. Es war für uns immer klar, dass wir hier ein Wettangebot legen werden.

Aber natürlich sind die Gefühle ambivalent, weil wir mit dem ÖFB schon im Jahr 2020 gemeinsam beschlossen haben, keine besonderen Aktivitäten zu setzen. Die Vorbereitungen für die WM sind aber intern genauso gelaufen wie bei jeder anderen Großveranstaltung in der Vergangenheit.“

Stefan Sulzbacher, CEO Interwetten

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Mit welchen konkreten wirtschaftlichen Erwartungen geht man in diese WM?

Stefan Sulzbacher: „Großereignisse wie WM/EM sind immer für die Marketingteams ein Highlight, um Neukunden zu gewinnen. Je größer die Euphorie in der Bevölkerung ist, desto einfacher ist es für den Werbenden die Kunden abzuholen. Nachdem die Vorfreude auf das wichtigste Fußballereignis  – vor allem in DE und AT –  gekonnt unterdrückt  wird – wird es sicher nicht einfacher die Kunden abzuholen. Wir erwarten aber trotzdem einen großen Zuwachs von Neukunden. Wichtig wird es sein, diese Neukunden auch dann nach der WM zu halten.

Wie ist das Wettverhalten im Vergleich zu anderen Großturnieren in der Vergangenheit?

„Das Wettverhalten ist und bleibt das selbe wie bei solchen Turnieren. Die Wettexperten werden wie immer ihre Einzel- und Kombiwetten abgeben. Die eher unerfahrenen Neukunden werden auf dem Weltmeister tippen. Aber hier wird sicher nichts Neuartiges passieren.“

Das Wettverhalten ist und bleibt das selbe wie bei solchen Turnieren. Die Wettexperten werden wie immer ihre Einzel- und Kombiwetten abgeben. Die eher unerfahrenen Neukunden werden auf dem Weltmeister tippen.

Stefan Sulzbacher

Wie geht man als Unternehmen mit der Thematik und der vielen Kritik an Qatar um?

„Wir wurden bei der WM-Vergabe leider nicht gefragt,  uns wäre eine WM im Sommer in Spanien, Brasilien oder England sicherlich lieber. Die FIFA hat sich für Qatar entschieden und in weiterer Folge dann nicht bei 50 Grad zu spielen, sondern in den Winter auszuweichen bei angenehmen 25 – 30 Grad, auch ohne Verwendung der Klimaanlage, zu spielen.

Wie es um die Menschenrechte in Qatar steht, sollte jeder halbwegs politisch gebildete Mensch wissen, aber es müssen immer die Sportler ihren Kopf hinhalten. Warum fragt niemand die OMV oder die österreichische Bundesregierung, warum Abu Dhabi mit 24,9% an der OMV beteiligt sein darf, oder die Volkswagen AG gehört zu 17% der Qatar Holding, ebenso ist die Qatar Holding mit 9%  an RWE, 5% Porsche Holding, 6% Deutsche Bank und vielen Unternehmen beteiligt. Hier fehlt mir die Diskussion, oder ist die Empörung nur ein Einmaleffekt, weil es um die Fußball-WM geht?

Hochspannend sind auch die Stellungnahmen vieler  Fussballstars, welche die Menschenrechte in Qatar zu Recht kritisieren, aber in den letzten Jahren im Winterurlaub fleißig Fotos aus Dubai gepostet haben. Auch in Dubai verdient der ausländische Schiffswerft- oder Bauarbeiter nur 1,5 US$ pro Stunde und müssen mit 50 -80 Personen sich einen Schlafraum – Legebatterie wäre wohl der bessere Ausdruck – teilen.

Die WM wird in Europa gerade am Anfang von diesen Umständen getrübt sein, sollten z.b. die Deutschen im WM-Finale stehen, dann wird auch dort eine Euphorie da sein, allerdings mit Pudelmütze und Schal, wobei Scholz, Habeck & Co sich wohl auf der Ehrentribüne in Qatar drängeln werden….. 

Fest steht – wir von Interwetten sind die Guten – wir sind weder Partner von der FIFA noch von Qatar und im Gegensatz zu vielen Unternehmen ist auch niemand aus Qatar an unserem Unternehmen beteiligt.“

Georg Wawer, CEO win2day

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Mit welchen konkreten wirtschaftlichen Erwartungen geht man in diese WM?

Georg Wawer: „Als Hauptsponsor im österreichischen Basketball, Eishockey, Tischtennis und Beachvolleyball liegt unser Fokus stark auf diesen Bewerben, die zum Teil auch während der WM voll im Gange sind. So können unsere User:innen auf win2day alle Spiele der win2day ICE Hockey League im Livestream erleben – mit dem Situation Room lassen sich die Spiele sogar aus unterschiedlichen Perspektiven verfolgen. Auf diese Sportarten aber selbstverständlich auch auf Fußball kann man bei uns wetten. Wie bei bisherigen vergleichbaren Großereignissen erwarten wir, dass mit fortschreitendem Turnierverlauf unsere User:innen vermehrt auf die WM-Spiele wetten werden, was sich natürlich im wirtschaftlichen Erfolg niederschlagen wird.“

Wie ist das Wettverhalten im Vergleich zu anderen Großturnieren in der Vergangenheit?

„Das letzte Großereignis war die Fußball EM vergangenes Jahr. Aufgrund der Teilnahme sowie der guten Leistungen der österreichischen Nationalmannschaft gab es damals einen Peak, der nicht leicht zu übertreffen sein wird. Ein tatsächlicher Vergleich wird sich erst nach der WM ziehen lassen. Aktuell sehen wir, dass bereits vor der WM viele Weltmeister-Wetten auf klare Favoriten aber auch Außenseiter abgegeben werden.“

Das letzte Großereignis war die Fußball EM vergangenes Jahr. Aufgrund der Teilnahme sowie der guten Leistungen der österreichischen Nationalmannschaft gab es damals einen Peak, der nicht leicht zu übertreffen sein wird.

Georg Wawer

Wie geht man als Unternehmen mit der Thematik und der vielen Kritik an Qatar um?

„Es ist richtig – diese WM bzw. die politische und menschenrechtliche Situation im Veranstalter-Land ist zurecht umstritten. Wir haben uns entschieden, keine eigene WM-Werbekampagne für die Fußball WM zu machen. Von unserem Team wird auch niemand vor Ort sein. Im Zeitraum der WM werden wir wie in den letzten Monaten österreichische Sportler:innen unter dem Titel „Fairplay“ featuren. Mein persönliches Lieblingssujet ist Basketball, das Herren-, Damen- und Behindertensport auf Augenhöhe zeigt. Gleichzeitig ist unsere Aufgabe als Sportwettenanbieter die professionelle und seriöse Abwicklung unseres Wettgeschäfts im Sinne unserer Kunden, weshalb wir diese WM natürlich nicht komplett ausblenden können. Wir hoffen jedoch, dass bei zukünftigen Vergaben von Sport-Großereignissen andere, höhere Standards Anwendung finden. Standards, die den Werten von win2day entsprechen.“

Philip Newald, CEO tipp3

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Mit welchen konkreten wirtschaftlichen Erwartungen geht man in diese WM?

Philip Newald: „Wir hatten vor der WM ein großes Fragezeichen im Gesicht, wie sehr sich die negative Berichterstattung auf das Wettverhalten auswirken wird. Unser Kalkulationen gingen davon aus, dass rund 20 Prozent der typischen WM-Kunden wegfallen werden. Der Rückgang fiel aber bisher weniger schlimm aus als befürchtet. Dazu hat meiner Meinung nach auch der Sieg der Österreicher gegen Italien beigetragen und die Grundstimmung gehoben.“

Wie ist das Wettverhalten im Vergleich zu anderen Großturnieren in der Vergangenheit?

„Der Zeitraum im Winter hat auch seine Vorteile. Normalerweise haben wir die Wochen vor einer Weltmeisterschaft tote Hose. Jetzt war bis eine  Woche davor normaler Ligabetrieb und internationale Bewerbe. Damit starten wir mit einem höheren Niveau in die WM als bisher. Und auch die Neukundenakquise funktioniert bisher sehr gut. Man merkt, dass wir immer besser als mobiler Live-Anbieter wahrgenommen werden.“

Die Neukundenakquise funktioniert bisher sehr gut. Man merkt, dass wir immer besser als mobiler Live-Anbieter wahrgenommen werden.

Philip Newald

Wie geht man als Unternehmen mit der Thematik und der vielen Kritik an Qatar um?

„Wir haben dieses Thema ewig diskutiert, zum Teil auch hoch emotional. Am Ende des Tages sind wir Buchmacher und es steht uns nicht an, den moralischen Zeigefinger zu heben. Wir arbeiten aber rund um die WM verstärkt mit Fair Play zusammen und haben dieses Jahr rund 20 Projekte gefördert. Wir werden auch keine großen Feierlichkeiten oder Public Viewing veranstalten bzw. unterstützen wie wir es sonst immer getan haben. Wir wickeln unser Geschäft professionell und nüchtern ab.“

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