Beim 10. Sport & Marke Kongress in Wien fand erstmals auch ein reines Wintersport-Panel statt. Organisiert von der Snowsports Academy diskutierte CEO Martin Dolezal gemeinsam mit ÖSV-Marketing-Leiterin Christiane Gasser und Thomas Köhle, Geschäftsführer von Ischgl Tourismus.
++ sportsbusiness.de exklusiv von Martin Obermayr ++
Es war eine Premiere im noblen Ambiente des Hilton Vienna Danube Waterfront: Beim renommierten Sport & Marke Kongress, der vom Schweizer ESB Marketing Netzwerk veranstaltet wird, stand ein Eventschwerpunkt auf der Hauptbühne zum ersten Mal ganz im Zeichen von Wintersport und Tourismus. Das Themenspektrum reichte dabei von starker Markenbildung und zukunftsfitter Digitalisierung bis zu ganzjährigen Angeboten und verstärkten Initiativen im urbanen Raum.
Von Wien in die weite Welt
Geladen zu dieser hochkarätigen Podiumsdiskussion hatte die Snowsports Academy, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Wien aus zu einer fein vernetzten Plattform für die weltweite Verbreitung von Schneesport aufgestiegen ist. Ihr Geschäftsführer Martin Dolezal verwies gleich zu Beginn auf die große wirtschaftliche Bedeutung des Winters: „Schneesport ist ein richtiger und wichtiger Industriezweig in Österreich. Wobei 65 Prozent der Skitage auf internationale Gäste entfallen – und diese kommen genau wegen der hohen Qualität zu uns. Das gilt für Seilbahnen, Hotellerie und Pisten ebenso wie für das Top-Niveau im Skischulwesen und bei Lifestyle-Angeboten.“
Eben deshalb habe man schon im Jahr 2000 begonnen, den Wiener Ski- und Snowboardlehrer Verband international als Snowsports Academy zu positionieren und eine Ausbildung in englischer Sprache anzubieten, so Dolezal. „Vergangene Saison absolvierten 3.000 Teilnehmer:innen aus 40 Nationen unsere Kurse und treten nun weltweit als Botschafter:innen für den Schneesport auf. Zudem leisten wir mit jährlich 25.000 Kurstagen und 20.000 Nächtigungen auch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Wertschöpfung in unseren Partnerregionen.“
Zusätzlich tritt die Snowsports Academy bei branchenspezifischen Messen, Konferenzen und Kongressen als aktiver Partner (z. B. ISPO München) und auch selbst als Veranstalter (Snowsports Conference) auf. „Das Entscheidende bei all unseren Initiativen spiegelt sich in unserem Motto ‚Snow Connecting People‘ wieder“, so Dolezal. „Denn der Mensch und seine Begeisterung für den Schneesport stehen bei uns immer im Mittelpunkt.“
Eine starke Marke für die Zukunft
Auch für den Österreichischen Skiverband (ÖSV) sind höchste Qualität und Professionalität auf allen Ebenen der Mindestanspruch. Als erfolgreichster Fachverband Österreichs und einer der weltweit erfolgreichsten Skiverbände wolle man wieder die Nummer 1 im Alpinen Skiweltcup werden, betonte Christiane Gasser, Bereichsleitung Marketing und Kommunikation: „Wir haben natürlich sportlich klare Ziele und wollen bis 2025 bei der Heim-WM in Saalbach wieder ganz oben sein.“ Allerdings sei der Verband vielmehr als ein reiner Spitzensport-Organisator: „Wir sind auch Multiplikator für den Wintersport, erfolgreicher Event-Veranstalter, Initiator von Breitensport-Angeboten und Dienstleister für die Ski- und Snowboardfamilie.“ Um einen weiteren Schritt in Richtung Modernisierung und Digitalisierung zu setzen, wurde im April 2023 ein neues Logo gelauncht, mit dem man auch den international besser zu vermarktenden Markennamen „Ski Austria“ mehr in den Mittelpunkt rücke, so Gasser. Der >> Relaunch wurde in Österreich medial umfangreich und kontroversiell diskutiert – und sorgte binnen weniger Tage für sensationell hohe Bekanntheitswerte des neuen Logos. So war #skiaustria am Tag nach dem Launch unter den Top 10 Trending Topics auf twitter. Zudem gab es einen Beitrag in der „Zeit im Bild“, 253 Artikel (Print, Online, Social Media) mit einer Reichweite von 17,7 Millionen und insgesamt 137.699 Interaktionen auf den Social Media Kanälen von Ski Austria.
„Durch den dynamischen und modernen Markenauftritt erreichen wir zusätzlich ein junges und urbanes Publikum“, erklärte Gasser beim Sport & Marke Kongress. Daher habe man auch die beiden Hashtag-Slogans #skiverrückt und #snowboardverrückt kreiert. „Denn genau das ist der Kern, der uns alle eint. Die Freude und Begeisterung können bei uns alle erleben, ob beim Night Race in Schladming, der Junioren-WM in St. Anton am Arlberg oder einem Breitensport-Event. Der Sport verbindet Menschen, Völker. Auf den Pisten scheint die Welt in Ordnung zu sein.“
Eine Destination für alle Jahreszeiten
Über mangelnde Bekanntheit durfte sich in den vergangenen Jahren auch die Region Ischgl / Paznaun nicht beklagen – allerdings unter eher negativen Vorzeichen. Daher sei es schön, wieder im Kreise der internationalen Sport- und Wirtschafts-Community willkommen zu sein, wie Thomas Köhle, Geschäftsführer von Ischgl Tourismus, erklärte. Die klare Zielsetzung der Region für die Zukunft lautet: „Ein Wintersportort bekannt für Lifestyle und Eventtourismus am Weg zur Ganzjahresdestination“, so Köhle. „Wir haben so eine Top-Infrastruktur – da wäre es schade, diese nur fünf Monate zu nutzen.“
Um sich diesem Ziel zu nähern, wird etwa die Ski- und Langlaufsaison – auch dank der Höhenlage bis fast 2.900 Metern – weit in den Frühling bis zum 1. Mai verlängert. „Ich würde sowieso im April Skifahren – es ist lang hell, die Temperaturen sind angenehmer und man hat mehr Platz auf den Pisten“, meinte Köhle. Dazu existiert eine Eventserie unter dem Label „Spring Blanc“, bei der heuer drei Superstars Konzerte in Ischgl gaben: George Ezra, SIDO und zum Season Closing noch Eros Ramazotti.
Dass der Sommer in einer Wintersportregion immer mehr in den Mittelpunkt rückt, hat mit den Mitarbeiter:innen zu tun, wie Köhle unterstrich. „Viele kommen nur mehr, wenn wir ihnen auch im Sommer ein Job-Angebot machen. Wir haben deshalb eine eigene Crew-Card geschaffen, mit der wir den Mitarbeiter ähnlich erreichen wollen wie den Gast.“
Die Tourismus-Highlights im Sommer sind neben Wandern, Radfahren und Bergsteigen etwa Events wie der Silvrettarun 3000 oder der Klassiker „Ischgl Ironbike“. Um das Ganzjahres-Angebot in den Herbst hinein zu verlängern, fahren die Seilbahnen bis zum 15. Oktober durch. Dazu gibt es in der Region, die unter anderen 11 Restaurants mit 30 Hauben und eine Therme beherbergt, noch die Aktivitäten-Serie „Golden Summit“, um Sportarten wie Bouldern, Mountainbiken und Paragliden zu forcieren. Traditioneller Wintersaisonstart ist Ende November mit dem „Top of the Mountain”-Concert – 2022 war Sean Paul der Headliner.
Digitalisierung als ein Kernthema
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit Publikumsfragen stand unter anderem das Thema Digitalisierung im Mittelpunkt. „Es gibt gewisse Visionen, inwieweit wir das junge Publikum erreichen können. Die heute 12- bis 14-Jährigen sind ja stark mit VR-Brillen vertraut. Web-3.0-Versionen könnten sein, dass ich mit meinem Avatar fahre und durch Feedback ein Feeling bekomme – vielleicht unterstützt durch einen einfachen Anzug mit vier Sensoren“, beschrieb Martin Dolezal von der Snowsports Academy ein mögliches Szenario. „Außerdem verfügen die meisten Tourismusregionen über hochqualitative Video-Aufnahmen, die sich ideal für solche und andere digitale Projekte nutzen lassen.“
Thomas Köhle von Ischgl Tourismus präsentierte gleich zwei konkrete Projekte. „Wir werden heuer unsere Sommergäste ausschließlich digital und über das Smartphone erfassen und ansprechen. Im Winter starten wir dann einen Versuch, dass sich Drehkreuze bei den Liftanlagen mit dem Handy auslösen lassen. Heuer probieren wir das mit unseren Mitarbeitern, und wenn es funktioniert, machen wir es ab der Saison 2024/25 auch für unsere Gäste.“ Der ÖSV ist neben den bereits erwähnten Marken-Initiativen ebenfalls mitten in einer großen Digitalisierungsoffensive: „Wir wollen damit die Landesverbände entlasten und insgesamt mehr Service-Qualität für die Ski- und Snowboardfamilie bieten“, sagte Christiane Gasser. „Zusätzlich wollen wir unsere Partner und Sponsoren in digitale Möglichkeiten noch stärker einbinden.“
Nachhaltigkeit und urbane Räume
Als mindestens so bedeutend wie die Digitalisierung wurden die Bereiche Nachhaltigkeit und neue Zielgruppen in urbanen Räumen erachtet. „Der Skisport muss in die Stadt kommen und dafür werden wir auch Kunststoffpisten und Skihallen brauchen“, plädierte Martin Dolezal. „Für Österreich klingt das schräg, aber wir arbeiten seit 20 Jahren mit Skihallen in den Niederlanden, und dort ist das gang und gäbe, um einen ersten Kontakt zum Schneesport herzustellen.“ Als weitere Beispiele nannte Dolezal eine 9.000 Quadratmeter große Kunststoffpiste in Stockholm und eine Skihalle in Oslo, die dank großzügiger Photovoltaik-Flächen sowie durch Abwärme mehr Energie erzeugt als sie benötigt.
Für Thomas Köhle stellt sich bei diesem Thema folgende Frage: „Was ist die Alternative für die Menschen, die in diesen Tälern leben? Sie haben in den letzten 60 Jahren etwas aufgebaut und wollen dies nun fortführen.“ Dabei nehme man aber stets Rücksicht darauf, die Natur für künftige Generationen zu schützen. „Diese Leute leben ja ein ganzes Jahr hier. Wir haben deshalb auch dauerhaft unberührte und naturbelassene Täler und Hänge, die nicht für den Tourismus genutzt werden. Dazu stammt die Energie für unsere Anlagen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen – auch für die Therme.“
Christiane Gasser wiederum erachtete es als besonders wichtig, dass sämtliche Stakeholder im Wintersportbereich zusammenarbeiten. „Vielen Menschen in Österreich ist die wirtschaftliche Bedeutung des Wintersports und des Tourismus nicht bewusst. Daher ist es die gemeinsame Aufgabe von Medien, Verbänden, Politik, Vereinen und weiteren Akteuren, hier verstärkt Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn Sport bewegt – nicht nur emotional im TV, sondern auch die Menschen von der Couch auf die Pisten. Und eines darf man nicht vergessen: Der Wintersport hat im urbanen Raum begonnen und dort liegt auch die Zukunft.“