Die Covid19-Pandemie hat auf viele Bereiche des Sports einen nachhaltigen Einfluss. Auch bei Spielerverträgen kommt es bereits zu massiven Änderungen. Neue Klauseln werden integriert, doch Vorsicht ist geboten.
Ein Gastkommentar von Frank Rybak
Kurzarbeit, freiwillige Gehaltsreduktion und Prämienverzicht: Die Corona-Pandemie hatte bereits in den ersten Wochen ihres Bestehens direkte Auswirkungen auf den Geldfluss der Klubs zu den Spielern. Die Diskussionen um dieses Thema waren in den Medien nicht zu überlesen: Jeder Klub musste für sich eine individuelle Lösung finden, um den Einnahmenentfall auch auf dem Sektor der Spielergehälter abzufedern. Nicht überall gelang dies zur vollsten Zufriedenheit aller Parteien.
Neue Klauseln in Verträgen
Es verwundert daher kaum, dass die Vereine bei neu abgeschlossenen Spielerverträgen nun damit begonnen haben, die Formulierung der Arbeitspapiere umzugestalten. Gegenwärtig sind im internationalen Fußball und somit auch in Österreich vor allem zwei Arten von Klauseln zu sehen:
- Zum einen finden sich die „klassischen“ Kurzarbeitsklauseln, wonach der Klub berechtigt ist, einseitig Kurzarbeit anzuordnen.
- Zum anderen finden sich neuartige Klauseln, die vorsehen, dass der Spieler bei bestimmten Sachverhalten – zum Beispiel bei der Austragung von Geisterspielen oder wenn die Saison unterbrochen oder abgebrochen werden muss – eine geringere Vergütung erhält.
Sowohl in Österreich als auch in Deutschland können Klubs Kurzarbeit nur einführen, wenn eine wirksame arbeitsvertragliche Vereinbarung mit dem Spieler besteht, die dies zulässt; etwas anderes gilt nur für Klubs, bei denen ein Betriebsrat existiert, was allerdings nur bei wenigen Klubs der Fall ist. Klubs haben daher ein Interesse, Kurzarbeitsklauseln in ihre Arbeitsverträge mit den Spielern aufzunehmen, während Spielern von Kurzarbeitsklauseln abzuraten ist, da sie ohne Kurzarbeitsklausel in jedem Einzelfall noch gesondert entscheiden können, ob sie der Einführung von Kurzarbeit zustimmen. Die Implementierung dieser Klauseln hilft den Klubs auch nur in dem Fall, dass es tatsächlich zu einer Verringerung der Arbeitszeit der Spieler kommt, wie etwa im Fall eines kompletten Lockdowns mit Unterbrechung des Trainingsbetriebs. Diese Situation hat man in vielen Ländern im Frühjahr 2020 vorgefunden.
Heikle „Kürzungs-Klauseln“
Die eigentliche Herausforderung einer mittel- bis längerfristigen Situation mit Geisterspielen oder Spielen mit reduzierter Zuschauerzahl wird damit jedoch nicht abgefedert. Daher haben die Klubs damit begonnen, sogenannte „Corona- bzw. Pandemie-Klauseln“ in die Verträge zu integrieren. Entsprechende Klauseln findet man jetzt in den verschiedensten Ausgestaltungen. Teilweise sehen diese Klauseln vor, dass der Klub das monatliche Brutto-Grundgehalt und andere Vergütungsbestandteile um einen bestimmten Prozentsatz reduzieren kann, solange die Meisterschaftsspiele des Klubs ohne Zuschauer oder mit einer begrenzten Zuschauerkapazität ausgetragen werden müssen, und die Vergütungen vom Klub um einen noch höheren Prozentsatz reduziert werden können, wenn die Saison abgebrochen oder unterbrochen werden muss.
Derartige „Kürzungsklauseln“ – juristisch korrekt Widerrufsvorbehalte – sind jedoch rechtlich problematisch. Sowohl nach deutschem Recht als auch nach österreichischem Recht unterliegen vorformulierte Widerrufsvorbehalte in Arbeitsverträgen einer Inhaltskontrolle und einer Ausübungskontrolle. Nach deutschem Recht sind Widerrufsvorbehalte unwirksam, wenn sie den Spieler entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. In Österreich ist der Maßstab, ob eine „gröbliche Benachteiligung“ des Spielers vorliegt. Die Anforderungen sind in beiden Ländern ähnlich und streng. Zusammenfassend kann man für Österreich und Deutschland sagen, dass Widerrufsvorbehalte, die eine Kürzung des Grundgehaltes vorsehen, nicht wirksam vereinbart werden können. „Kürzungsklauseln“ sind also nur in Bezug auf zusätzliche Leistungen wie etwa Prämien jeder Art und Sonderzahlungen zulässig. Ein derartiger Widerrufsvorbehalt muss klar und verständlich sein, Voraussetzungen und Umfang der vorbehaltenen Änderungen müssen konkret beschrieben werden, und die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein. Schließlich darf der widerrufliche Teil der Leistungen in Österreich maximal zehn Prozent, in Deutschland maximal 24,9 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen.
Angesichts dieser Beschränkungen und der Herausnahme der Grundvergütung aus seinem Anwendungsbereich führen Widerrufsvorbehalte selbst bei Saisonabbruch bzw. einem Spielbetrieb nur mit Geisterspielen allenfalls zu einer verhältnismäßig geringen Reduzierung der Personalkosten.
Flexible Prämien
Während der Widerruf von vertraglich vereinbarten Prämien und Sonderzahlungen rechtlich problematisch und nur beschränkt möglich ist, bestehen weniger juristische Bedenken dagegen, zusätzliche Leistungen wie Prämien und Sonderzahlungen zu vereinbaren, die abhängig davon anfallen, wie viele Zuschauer zu einem Spiel zugelassen sind. Wollen Vereine und Spieler also rechtssicher regeln, dass ein „Geisterspielbetrieb“ oder eine Reduzierung der Zuschauerzahl Auswirkungen auf die Vergütungshöhe hat, wäre ihnen zu empfehlen, diese Vertragspassagen umgekehrt aufzusetzen: Die Klauseln sollten so formuliert werden, dass der Spieler Prämien oder Sonderzahlungen erhält, wenn die Mannschaft Heimspiele austragen darf, wobei die Höhe der Prämie oder Sonderzahlung dabei davon abhängen sollte, ob das Spiel ohne Zuschauer stattfinden muss oder mit reduzierter oder voller Zuschaueranzahl stattfinden kann.
Kurz gesagt: Für jedes Spiel – unabhängig ob „normales“ oder Geisterspiel – bekommt der Spieler eine Prämie. Diese Prämie erhöht sich abhängig davon, wie viele Zuschauer zugelassen sind. Denkbar ist auch eine Saisonabschlussprämie, die nur fällig wird, wenn alle Spiele einer Saison gespielt worden sind.
Verhandlungsklauseln integrieren
Denkbar wäre auch, eine sog. Verhandlungsklausel in den Arbeitsvertrag zu integrieren, wonach sich Klub und Spieler im Falle bestimmter Szenarien – wie eben einer nicht vorhersehbaren Pandemie – verpflichten, über Vergütungsanpassungen zu verhandeln. Eine derartige Klausel hätte vor allem eine große moralische Komponente, ist aber durchaus auch juristisch relevant. Klubs vergeben sich mit der Aufnahme einer entsprechenden Klausel in die Arbeitsverträge nichts, Spielern sind derartige Klauseln demgegenüber trotz beschränkter Rechtswirkungen nicht zu empfehlen.
Verschiedene Instrumentarien
Kurzarbeitsklauseln, Widerrufsvorbehalte, flexible Prämien oder auch Verhandlungsklauseln: Das Arbeitsrecht stellt verschiedene Instrumentarien für die Regelung der Vergütung zur Verfügung, und die Klubs sind bei der Anpassung ihrer Arbeitsverträge im Zuge der Covid19-Pandemie bereits sehr kreativ geworden. Ob sich hier eine Art „Standardpraxis“ herausbildet, bleibt abzuwarten, ist aber eher nicht anzunehmen. Bei vielen Klauseln, die ich bislang gesehen habe, habe ich große Zweifel, dass sie einer rechtlichen Überprüfung standhalten werden. Klubs müssen bei ihrer Vertragsgestaltung sehr große Sorgfalt aufbringen, und auch die Spieler müssen sehr sorgfältig abwägen, ob ihnen vorgelegte Vertragsklauseln für sie noch akzeptabel sind oder sie unangemessen benachteiligen.
Rückfragehinweis:
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